346 Der Ocean. Das Niveau kann auch durch den örtlichen Einfluß der Winde verändert werden, und man hat gefunden, daß in allen Golfen und Binnenmeeren das Wasser höher steht, als im Ocean. Dieß ist besonders der Fall bei denjenigen, die nur gegen Osten zu offen stehen, da sie dadurch der großen * periodischen Schwingung des Oceans von Osten nach Westen mehr aus¬ gesetzt sind. Durch diese Bewegung wird nämlich das Wasser in jene Oeffnungen getrieben, und je enger sie sind, desto höher wird das Niveau seyn. Humboldt machte einige Versuche an der Landenge von Panama, woraus er schließt, daß das Niveau des merikanischen Meerbusens um 20 bis 23 Fuß höher sey, als das des stillen Oceans. Der Einfluß der Ebbe und Fluth ist bekannt und wird mehr oder weniger an allen mit dem Ocean in Verbindung stehenden Wasserkörpern beobachtet. Auch die Winde üben einen störenden Einfluß auf das Niveau, nicht nur dadurch, daß sie Wellen bilden, sondern auch, indem sie einen Wasserkörper in größerem Volumen als gewöhnlich nach einer Richtung hintreibcn. An Meeresküsten wird diese Wirkung häufig hervorgebracht, und die Seefahrer wissen, daß in Folge der östlichen Passatwinde, welche die Gewässer des Oceans gegen die afrikanische Küste treiben, das Niveau des rothen Meeres immer um 20 Fuß über das Niveau des Oceans getrieben wird. Dieß sind die Ursachen, welche eine Erhebung des Niveau's an einigen Stellen Hervorrufen. Es gibt nun auch eine Kraft, die jenes bisweilen vermindert, nämlich die Verdunstung. Das mittelländische Meer z. B. liegt etwas unter dem allgemeinen Niveau, indem die Gewässer, die es aus den zahlreichen Flüssen, die sich in dasselbe ergießen, empfängt, nicht hinreichen, um den durch Verdunstung entstandenen Verlust aufzuwägen, weßwegen auch ein beständiger Zuschuß durch die Meerenge von Gibraltar hereingeführt wird. Trotz dieser störenden Ursachen aber gibt es ein allgemeines Niveau des Meeres, und da die Veränderungen so ganz unter allgemein bekannten Gesetzen stehen, so kann auch keine Veränderung stattfinde», die man nicht im Stande wäre zu erklären und gewöhnlich sogar vorherzusagen. Die Nothwendigkeit solcher controlirenden Grundsätze springt in die Augen, indem der Einfluß eines großen, sich bewegenden Wasscrkörpers auf den Ramn, über welchen er sich bewegt, so mächtig ist, daß, wenn er durch Gesetze regiert würde, die ihn nicht so sehr in Schranken halten könnten, beständige Verheerungen dadurch entstehen müßten, welche alle zur Erhaltung des animalischen Lebens nothwendigen Bedürfnisse der Unsicherheit Preis geben würden. Es dürfte nicht schwer seyn, Beispiele aufzufinden, wo die jetzt thätigen störenden Ursachen die furchtbarsten Wirkungen hervor¬ gebracht haben. Der Verlust an Menschenleben und Eigenthum, der im