263 Zweites Kap. Religion. irrten die Werbung. Wer die Bedrängnisse einer sturmbcwcgten Welt erfahren hatte, oder scheute, floh gerne in die stille Abgeschiedenheit des friedlichen Klosters. Getäuschte Hoffnungen, zerstörte Lebensplane, unglückliche Liebe, Schrecken des Gewissens führten nicht minder, als schwärmerische Frömmigkeit zur Zelle; und bald fanden selbst zeitliche Interessen, Furcht, Ehrgeiz und Liebe zur Gemächlichkeit — freilich dem ursprünglichen Geiste des Mönch¬ thums entgegen — ihre Rechnung bei demselben. Gegen die Kriegswuth jener eisernen Zeit gaben blos heilige Mauern Schuz; Flüchtlinge, Verfolgte aller Art fanden dort eine Freistätte; und dem Trägen erschienen die Klöster als wünschenswerthe Versorgungsaustalten. Noch mehr! Die gehäuften Spen¬ den von Groß und Klein, Vermächtnisse, fürstliche Geschenke hatten die Klöster bereichert, und es verwandelte sich bei allmäliger Nachlassung der Disciplin die angelobte Armuth zum Theil in Fülle und Pracht. Das Loos des ge¬ meinsten Mönchs mochte der Mehrzahl der Laien in einer Zeit allgemeiner Noth beneidenswertst erscheinen, das Loos eines Vorstehers war glänzend. Auch andere Kirchcn-Häuptcr, Bischöfe, Päpste wurden aus den Klöstern genommen, und die Heiligenkrone am freigebigsten an Mönche ertheilt. §. 31. Wirkungen. Gute. Wir treten in die verlassenen Mauern eines aufgehobenen Klosters. Die leeren Zellen, der schweigende Tempel, die still trauernde Umgebung ergreifen unser Gemüth, oder es wird dasselbe durch den profanen Lärm und die welt¬ liche Geschäftigkeit an weiland heiliger Stätte wider aufgeregt. In dieser Stimmung lassen wir die Vergangenheit und die Bilder des harmlosen, wohl¬ thätigen, heiligen Mönchslebens an uns vorübergehen. In einer Welt voll Bosheit und siegender Gewalt, den Stürmen der Leidenschaft und den Tücken des Schicksals unablässig preis — was könnte kostbarer seyn, als eine abgeschiedene Freistätte der Ruhe, der stillen Weisheit, der frommen Betrachtung? — ein Zufluchtsort für das bedrängte Recht, die verfolgte Tugend und lebensmüde Noth? — Freilich schweigen auch in Klöstern die Leidenschaften nicht, die Ruhe des Gefängnisses ist wenig beneidcnswerth, und zu den Hallen des Aberglaubens flüchtet die Weisheit ungern. Aber Einsczungen wären möglich, wodurch diese Vorwürfe vermieden und das Klostcrlebcn jenem freundlichen Ideal? näher gebracht würde. Unläugbar haben viele Klöster Gutes in reichem Maße gewirkt. Sv