263 fall der Kunst, und die Nachahmung seiner großartigen Kunstwerke hat späteren Künstlern geschadet. Die moderne Baukunst beruht, wie wir bereits (S. 166) gesagt haben, auf der Wiederaufnahme der antiken Bausormen und zwar vor. zugsweise der römischen. Da aber diese für die Bedürfnisse der neueren Zeit nicht paßten, so wandte man sie nur äußerlich zum Schmuck an. Italien erscheint als die Wiege der modernen Architektur; die Werke, welche vort ausgeführt wurden, blieben fast ausschließlich das Vorbild für die architektonischen Unternehmungen der übrigen Länder. Der be¬ rühmte Bramante zeigt den Uebergang von der romanischen Architektur zur strengen Nachahmung der Antike. Die Architekten, welche sich an ihn anschlössen, zeigen bei strenger Befolgung der Regeln des antiken Stiles eine geschmackvolle und würdige Behandlungsweise. Dagegen erlaubte sich"Michael Angelo, von dem Verlangen nach malerischer Wirkung getrieben, die antiken Formen nach Laune und Willkür umzu¬ gestalten und öffnete dadurch den Ausartungen der folgenden Zeit das Thor. 8) England vom Tode Heinrichs VII. bis zum Ausgange des Hanfes Tudor. Ait Heinrich VII. (Bd. II. S. 531) hatte die Familie Tudor Hemrichvin. den Thron von England bestiegen. Durch Heinrich VII. wurden die Freiheiten der Geistlichkeit beschränkt, der Adel verlor seine frühere Be¬ deutung, der Handel hob sich und es wurde der erste Grund zur See¬ macht Englands gelegt. Heinrich war thätig und von scharfem Ver¬ stand, aber er hatte durch Habsucht und Rachgier die Liebe seiner Unterthanen verscherzt. Sein Sohn Heinrich VIII. (1509 — 1547) erbte als ein achtzehnjähriger Jüngling einen fest gegründeten Thron. Der junge König, ehrsüchtig, eitel, kühn und unternehmend, besaß ein bis zur Wildheit leidenschaftliches Gemüth, einen unbeugsamen Starrsinn und eine Launenhaftigkeit, die ihn bald mit der heftigsten Liebe einer Person zuwandte, bald wieder bei einem unbedeutenden Anlaß mit Haß und Abscheu gegen dieselbe erfüllte. Er hatte eine wissenschaftliche Er¬ ziehung erhalten und für ihn waren die spitzfindigen Probleme der scho¬ lastischen Theologie besonders anziehend. Gleich nach seiner Thronbestei¬ gung vermählte sich Heinrich VIII. mit der Wittwe seines Bruders Arthur, Katharina von Aragon. In den ersten Jahren überließ Heinrich VIII. die Regierung seinen Ministern und gab sich seiner Nei-