35 2) Eben so wenig als die asiatischen Reiche allmählig entstehen und zunehmen, und von Innen heraus wachsen konn¬ ten, eben so wenig vermochten sie auch sofort eine bürgerliche Verfassung anzunehmen, da dieselben von nomadischen Reiter- v'olkern, und diese vom Roß und Gezelt, und nicht vom Pfluge und der Werkstatt ausgehen^ Vielmehr mußte die Verfassung in den neu eroberten Reichen militärisch seyn und werden. Die Männer, die an der Spitze der Heeresabtheilungen stan¬ den, treten zugleich an die Spitze der Civil-Verwaltung in den Provinzen, welche Tribute zahlen und den Sieger mit Roß und Mann, Weib und Kind ernähren müssen; dafür behalten sie denn auch oft ihre bestehenden Sitten und Einrichtungen, ja! sogar ihre regierenden Fürsten, wenn beide nicht mit dem Interesse des Eroberers zusammenstoßen. — 3) Gleichwohl gingen diese rohen bloß militärischen Stammverfassungen nicht selten nach und nach in eine Staats- Verfassung über, sey es nun, daß die Sieger durch län- gern Aufenthalt unter den Besiegten zu den mildern Sitten und bessern Einrichtungen der Besiegten sich hingezogen fühlen, und das unruhige Nomadenleben mit den ruhigern Wohnsitzen ln festen Städten vertauschen, oder daß das Genie der Erobe¬ rer selbst Verfassungspläne schuf oder kopirte, wie Dejoces, Ey rus, Timur, so daß aus den Feldherren Satrapen, auS den unterworfenen Ländern Provinzial-Gebiete wurden, in de¬ nen wie in Phonizicn und Klein-Asien unter persischer Herr¬ schaft, selbst eigene und freie Regierungsformen stehen bleiben dursten, wofern sie nur oberhoheitliche Rechte und Unterthanen¬ pflichten durch Stellung ihrer Kontingente an Truppen und Le¬ bensmitteln anerkannten. 4) Da nun aber, wie die Familien-Verfassung von dem Recht und der Gewalt des Hausvaters, so die Stamm¬ verfassung von der unbeschränkten Herrschaft der Stammhäup¬ ter ausging; da ferner die mit Gewalt unterworfenen Reiche— in dem Fortg-ng eines Alles niederstürzenden Vdlkersturms — eine ungeheure Ausdehnung bekamen: so mußte wohl die Grund¬ lage der bürgerlichen Verfassung in derselben despotisch blei¬ ben; und da nun der oberste, unumschränkte Selbstherrscher, und wäre er ein Genie, wie Cäsar, nicht alle, an Sprache, Sitten und Religion so verschiedenen Völker seines weit¬ läufigen Ländergebietes selbst und allein übersehen und regie¬ ren: so bleibt die Anstellung militärischer Beamten, oder eine Satrapen-Regierung, das einzige Mittel, das bunt zusammen¬ gewürfelte oder zusammengeraffte Ganze in Einheit zu halten, wovon aber wieder Zwang von Oben und Unten, Willkür,