132 Das Christenthum. derjenige der Hauptstadt das größte Ansehen. Er gab den übri¬ gen die Weihe, hatte den Vorsitz in ihren Synoden (Versamm¬ lungen), leitete die Berathungen und wurde Metropolit oder Erzbischof genannt. Nach und nach bildeten die Diener der christlichen Religion einen eigenen Stand, welcher mit dem Na¬ men Klerus bezeichnet wurde; die Nichtgeistlichen nannte man Laien. Das Wort Kirche stammt aus dem Griechischen und bedeutet Gotteshaus. Der große Umfang des römischen Reiches und die Verbrei¬ tung der griechischen und lateinischen Sprache erleichterte den Verkehr ungemein. Nur daraus und aus der Erhabenheit und Tiefe der Lehre Jesu läßt sich erklären, wie sie sich in einem Zeit¬ raum von zweihundert Jahren in allen am mittelländischen Meere gelegenen Ländern Anhänger verschaffen konnte, welche sich am Ende des dritten Jahrhunderts bere ts so vermehrt hatten, daß beinahe die Hälfte der Bewohner des römischen Reichs sich öffent¬ lich oder geheim zum Christenthum bekannte. Denn die Ver¬ folgungen dauerten fort und trafen vorzugsweise die Vorsteher und Lehrer der Gemeinden. Sv blutete Polykarp ns zu Smyrna (169), Justin ns zu Rom, Cyprianns zu Kar¬ thago (258). Abscheuliche Verleumdungen von Seite der Juden trugeil nicht wenig dazu bei, die Bekenner der neuen Lehre als eine staatsgefährliche Sekte bei der römischen Regierung verhaßt zu machen; bisweilen reizten aber auch die Christeil selbst diirch Verspottung der heidnischen Götter das Volk und die Priester, welche ihre Tempel leer stehen sahen, zur Rache. Man zählt in diesem Zeiträume zehn Hauptverfolgungen der Christen, und es übersteigt fast allen Glauben, mit welcher Grausamkeit sie behandelt wurden. Nero ließ sic in Thierhäute nähen und von Hunden zerreißen, oder in Säcken mit siedendeni Pech übergießen und bei nächtlichen Rennspielen als Fackeln ver¬ brennen. Schrecklich wüthete noch zu Anfang des vierten Jahr¬ hunderts Diocletianus gegen die Christen. Ihre Bethäuser wurden zerstört, ihre heiligen Bücher in die Flammen geworfen. Wer nicht seinen Glauben abschwur und den Göttern opferte.