63 19. Der Maulwurf. (Eine Betrachtung.) Unter allen Thieren, die ihre Jungen säugen, ist der Maul¬ wurf das einzige, das seiner Nahrung allein in dunkeln Gängen unter der Erde nachgeht. Und an dem einen ist’s zu viel, wird Mancher sagen, der an seine Felder und Wiesen denkt, wie sie mit Maulwurfshügeln bedeckt sind, wie der Boden zerwühlt und durchlöchert wird, wie die Gewächse oben absterben, wenn das heimtückische Thier unten an den Wurzeln weidet. Nun, so wollen wir denn Gericht halten über den Missethäter. Wahr ist es und nicht zu leugnen, dass er durch seine unterirdischen Gänge hin und wieder den Boden durchwühlt und ihm etwas von seiner Festig¬ keit raubt. Wahr ist es ferner, dass durch die herausgestossenen Grundhaufen viel fruchtbares Land bedeckt und die darunter lie¬ genden Keime im Wachsthum gehindert, ja erstickt werden können. Dafür ist jedoch in einer fleissigen Hand der Rechen gut. Aber wer hass gesehen, dass der Maulwurf d e Wurzeln abfrisst? wer kann’s behaupten? Nun, man sagt so: Wo die Wurzeln abge¬ nagt sind, und die Pflanzen sterben, wird man auch Maulwürfe linden, und wo keine Maulwürfe sind, geschieht das auch nicht. Folglich thut’s der Maulwurf. Der das sagt, ist vermuthlich der Nämliche, der einmal so behauptet hat: Wenn im Frühling die Frösche zeitig quaken, so schlägt auch das Laub bei Zeiten aus; wenn aber die Frösche lange nicht quaken wollen, so will auch das Laub nicht kommen: folglich quaken die Frösche das Laub heraus. Seht doch, wie man sich irren kann.' Aber da kommt ein Advokat des Maulwurfs, ein erfahrener Landwirth und Natur¬ beobachter, der sagt so: Nicht der Maulwurf frisst die Wurzeln ab, sondern die Quadten oder die Engerlinge, die unter der Erde sind, aus welchen hernach die Maikäfer und anderes Ungeziefer kommen. Der Maulwurf aber frisst die Quadten und reinigt den Boden von diesen Feinden. Jetzt wird es also begreiflich, dass der Maulwurf immer da ist, wo das Gras und die Pflanzen krank sind und absterben, weil die Quadten da sind, denen er nachgeht, und die er verfolgt. Alle Säugethiere, welche die Natur zum Nagen am Pflanzen¬ werk bestellt hat, haben in jeder Kinnlade, oben und unten, nur zwei einzige und zwar scharfe Vorderzähne und gar keine Eck¬ zähne, sondern eine Lücke bis zu den Stockzähnen. Alle Raub¬ thiere aber, welche andere Thiere fangen und fressen, haben sechs und mehr spitzige Vorderzähne, dann Eckzähne auf beiden Seiten und hinter diesen zahlreiche Stockzähne. Wenn ihr nun das Ge¬ biss eines Maulwurfs betrachtet, so werdet ihr finden: er hat in der obern Kinnlade sechs und in der untern acht spitzige Vorder¬ zähne und hinter denselben Eckzähne auf allen vier Seiten , und daraus folgt: er ist kein Thier, das an Pflanzen nagt, sondern