82 — deten Wanderer im Grase, der sich vor Muͤdigkeit ausruhte. Flehentlich bat sie ihn, auf die Eiche zu steigen und das Voͤgelchen zu haschen. Ihre Bitten und Thraͤnen ruͤhrten ihn nicht, er sagte: „solcher Voͤgel giebt es mehrere. Ich bin zu ermuͤdet.“ Da kam der gute Christoph, ein Diener des Hauses, gelaufen, als er Marien weinen hoͤrte, die er sehr liebte und fragte: „Kind, was ist Dir?“ — „Seht da oben mein Voͤgelchen,“ sagte sie mit gefalteten Haͤnden, und schaute mit thraͤnenvollen Au⸗ gen nach dem Zacken hin, wo es saß. Behutsam kletterte Christoph hinauf, um den Distelfink zu haschen; aber er flog davon, als er ihm mit der Hand nahe war, und — flog herab auf Mariens Schulter. Wie groß war ihre Freude! Sie wollte zuͤrnen, daß man das Fenster aufge⸗ lassen hatte; aber die Mutter sagte: „waͤren die Fen⸗ ster verschlossen gewesen, so haͤtte die Katze Dein Voͤgelchen zerrissen. Oft fuͤhrt das vermeinte Ungluͤck zum Gluͤcke.“ Was Dir ein Ungluͤck schien, dient oft zu Deinem Gluͤck, Dein Schicksal aͤndert oft der naͤchste Augenblick. 3. Der redliche Vater und der dankbare Sohn. Giehe das Kupser: die Axt.) Den ganzen Tag war Anton, ein armer Holz⸗ hauer, im Walde beschaͤftigt. Des Abends waren seine Arme muͤde, denn er hatte den Tag viele Baͤume gefaͤllt. Das Holz sollte zu Brennholz und Nutzholz fuͤr den Stellmacher, Tischler, Boͤttcher und Drechsler dienen Seine Arbeit war schwer und der Lohn gering. Er