437 3. Die Mutter spricht: „Morgen ist's Feiertag, Da halten wir alle fröhlich Gelag, Ich selber ich rüste mein Feierkleid; Das Leben es hat auch Lust nach Leid, Dann scheint die Sonne wie Gold!" Hört ihr's, wie der Donner grollt? 4. Großmutter spricht: „Morgen ist's Feiertag, Großmutter hat keinen Feiertag, Sie kochet das Mahl, sie spinnet das Kleid, Das Leben ist Sorg' und viel Arbeit; Wohl dem, der that, was er sollt'!" — Hört ihr's, wie der Donner grollt? 5. Urahne spricht: „Morgen ist's Feiertag, Am liebsten morgen ich sterben mag: Ich kann nicht singen und scherzen mehr, Ich kann nicht sorgen und schassen schwer. Was thu' ich noch auf der Welt?" Seht ihr, wie der Blitz dort fällt? 6. Sie hören's nicht, sie sehen's nicht, Es flammet die Stube wie lauter Licht: Urahne, Großmutter, Mutter und Kind Vom Strahl mit einander getroffen sind. Vier Leben endet ein Schlag —- Und morgen ist's Feiertag. G. Schwab. 1828. 41. Der Reiter und der Sodensee. Der Reiter reitet durch's Helle Thal, 1 Auf Schneefeld schimmert der Sonne Strahl. Er trabet im Schweiß durch den kalten Schnee, Er will noch heut' an den Bodensee, Noch heut' mit dem Pferd in den sichern Kahn, 5 Will drüben landen vor Nacht noch an. Aus schlimmem Weg, über Dorn und Stein, Er braust auf rüstigem Roß feldeiu, Aus den Bergen heraus in's ebene Land, Da sieht er den Schnee sich dehnen wie Sand. 10 Weit hinter ihm schwinden Dorf und Stadt, Der Weg wird eben, die Bahn wird glatt. In weiter Fläche kein Bühl, kein Haus; Die Bäume gingen, die Felsen aus: So fliegt er hin eine Meil' und zwei. 15 Er hört in den Lüften der Schneegans Schrei, Es flattert das Wasserhuhn empor, Nicht andern Laut vernimmt sein Ohr; Keinen Wandersmann sein Auge schaut, Der ihm den rechten Weg vertraut. 20 Fort geht's wie auf Sammt auf dem weichen Schnee; Wann rauscht das Wasser? wann glänzt der See? Da bricht der Abend, der frühe, herein; Von Lichtern blinket ein ferner Schein. Es hebt aus dem Nebel sich Baum an Baum, Und Hügel schließen den weiten Raum. Er spürt auf dem Boden Stein und Dorn, Dem Rosse giebt er den scharfen Sporn. 25