104 Teil. Ja wohl ist's besser, Kind, die Gletscherberge Im Rücken haben, als die bösen Menschen. Walther. Vater, ist's wahr, daß auf dem Berge dort Die Bäume bluten, wenn man einen Streich Drauf führte mit der Art? Tell. Wer sagt das, Knabe? Walther. Der Meister Hirt erzählt's: die Baume seien Gebannt, sagt er, und wer sie schädige, Dem wachse seine Hand heraus zum Grabe. Tell. Die Bäume sind gebannt, das ist die Wahrheit. — Siehst du die Firnen dort, die weißen Hörner, Die hoch bis in den Himmel sich verlieren? Walther. Das sind die Gletscher, die des Nachts so donnern Und uns die Echlaglawinen niedersenden. Tell. So ist's, und die Lawinen hätten längst Den Flecken Altdorf unter ihrer Last Verschüttet, wenn der Wald dort oben nicht Als eine Landwehr sich dagegen stellte. - 72. Die Staublawinen. Von Tschudi. Das Tbicrlcben der Alpenwett 5. Aufl. Leipzig 1860. 3. 191. Es giebt Grundlawinen und Staublawinen. Diese sind ge¬ fährlicher und gewaltiger, unregelmäßiger. Sie treten nur im Winter und ersten Vorfrühling auf und entstehen, wenn auf eine feste, harte Schneedecke große Lasten neuen, körnigen, losen Schnees fallen. Dieser hat, wenn die Abhänge etwas steil sind, keinen Halt auf jener; das Einstürzen eines kleinen Schneegesimses in der Höhe, der Tritt einer Gemse, eines Hasen, ja das Schnee- bällchen, das von einem Strauche fällt und fortrollt, oder irgend eine Lufterschütterung bringt dies ganze neue obere Schneefeld in Gang; es rutscht erst langsam in einem Stücke fort, reißt dann die tieferen Massen mit, überwallt, stiebt auf, theilt sich. Das Dröhnen der Masse durch die klare Lust liiid der entstehende Wind¬ zug führt von allen Seitenhalden neue Partialstürze herbei. Mit rasender Eile, immer furchtbarerer Wucht und dröhnendem Gepolter stürzt der Hauptftrom der Tiefe zu, hat schon die Holzregion als breite, hochgetürmte Sturmflut erreicht, reißt Steine, Büsche mit sich und bricht bebend und krachend in den Wald. Du siehst nichts als donnernde und .sprühende Nebel; unendliche Schnee¬ staubwolken verhüllen den Gang des Stromes, dessen ganze Babn raucht: aber die Bäume krachen, das Felsgestell bebt, die Zinnen hallen im Donner des Sturmes lange, bange Minuten nach, — noch ein Schlag und zitterndes, knirschendes, dumpfes, unaus¬ sprechliches Gepolter, — — — dann ist es stille. Ein schneiden¬