642 Europa. Die Rangordnung der europäischen Staaten. England, Oesterreich und Frankreich haben unter den jetzt bestehenden Staaten in Europa das größte Alter; sie haben als selbstständige Staaten ihren Anfang im 9. Jahrhundert genommen, England i. I. 827 durch Egbert den Großen, seit 1707 und 1800 mit Schottland und Jreland vereint, Oesterreich als heiliges römisches Reich 843 durch den Vertrag von Verdun, zur selben Zeit auch bei derselben Gelegenheit Frankreich; als österreichisches Kaiserreich besteht jenes aber erst seit 1804, seit der völligen Auflösung, des deutschen Reichs. Dänemark hat seine Selbstständigkeit 863 genommen, Schweden und Norwegen zu Anfang des 11. Jahrhunderts, seit 1814 sind beide mit einander zu einem Staate verbunden. Die Königreiche Portugal und Neapel mit Sizilien nahmen ihren Anfang im ersten Drittel des 12. Jahrhunderts, der Kirchenstaat zu Anfang des 13., das Kaiserthum Rußland als Czaarthum im letzten Drittel des 15., Spanien als ein Königreich zu Anfang, die Niederlande als selbstständige Republik zu Ende des 16. Jahr¬ hunderts, Preußen hat sich in seiner Entwickelung aus dem Herzogthum Preußen 1665 erhoben, weil in diesem Jahre dies Herzogthum von Polen seine Selbstständigkeit gewann, als Königreich besteht es seit 1701, als Churfürstenthum Brandenburg weit früher; das Königreich Sardinien nahm seinen Anfang 1720. Die übrigen Mo¬ narchien haben in ihrem jetzigen Bestände ein weit geringeres Alter, die Königreiche Baiern, Würtem berg und Sachsen verdanken ihr Königthum dem Kaiser Na¬ poleon, ihr staatliches Bestehen, wennauch in anderer Weise und Ausdehnung, ist jedoch weit ältern Ursprungs; dasselbe gilt auch vom Großherzogthum Baden; mehrere Fürsten aus der französischer^-Kaiserzeit sind verschwunden. Die übrigen deutschen und europäischen Staaten sind erst seit den Jahren 1803, 1806 und 1814 und 15 in ihrer jetzigen Gestalt entstanden oder begründet worden. Die Königreiche Griechen¬ land und Belgien sind die jüngsten in der Reihe der selbstständigen europäischen Staaten; jenes, seit 1827 nach langem Freiheitskampfe von den türkischen Fesseln unabhängig, seit 1832 Königreich mit einem Könige aus dem baierschen Königshause; dieses, früher Bestandtheil des Königreichs der Niederlande, seit 1831 Erbkönigreich in einer Nebenlinie des Hauses Sachsen-Koburg-Gotha.— Von den Freistaaten hat S. Marino das höchste Alter, sein Ursprung soll in das Zeitalter der großen Völkerwanderung fallen, 1817 wurde er aufs neue vom Pabste anerkannt, von dessen Staatsgebiet sein Gebiet umschlossen ist; unter den 22 Schweizer Can tonen be¬ stehen die 3 Urcantone Schwyz, Uri, Unterwalden seit 1308, Luzern, Zürich, Zug, Glarus, Bern seit der Mitte des 14., Freiburg und Solothurn seit 1481, Basel, Schaffhausen, Appenzell seit dem Anfang des 16. Jahrhunderts, die übrigen Cantone sind erst später, zum Theil erst in diesem Jahrhundert als selbstständige Cantone hinzu¬ gekommen; die 4 freien Städte des deutschen Bundes waren früher freie deutsche Reichsstädte, seit 1815 sind sie freie Glieder des deutschen Bundes; in demselben Jahre wurde die Republik der ionischen Inseln unter Englands Schutz selbstständig. Die Gestaltung der jetzigen Verhältnisse in Europa stammt zumeist aus den Staats- anordnungen und Verträgen seit dem großen Befreiungskriege her. — §. 82. Die verschiedene politische Bedeutung, welche die einzelnen Staaten im europäischen Staatensysteme einnehmen, ist nicht blos von der Größe ihres Staaten¬ gebiets abhängig, sondern wird weit mehr durch die Volkszahl, durch die geistige und gewerbliche Entwickelung ihrer Bewohner, durch die Staatseinrichtungen bedingt, welche alle mehr oder weniger mit den Eigenthümlichkeiten der verschiedenen Völkerstämme, mit den Relief- und Gewässerverhältnissen, mit der mehr ozeanischen oder mehr konti¬ nentalen Lage im innigsten Zusammenhange stehen. 5 Stauten: Rußland, Frankreich,