Geschichte Preußens. 101 eine zeitgemäße Umgestaltung. Jedem Bürger wurde der Kriegs¬ dienst zur Pflicht gemacht; die Leibesstrafen wurden abgeschafft, und durch ein wohldurchdachtes Beurlaubungssystem täuschte man den lauernden Feind und machte allmählig sämmtliche Waffenfähige im Lande kriegstüchtig. So vorbereitet, sah man dem günstigen Zeit¬ punkte entgegen, die Schmach zu rächen und das Joch abzuschütteln. — Während man in Preußen solche Vorkehrungen traf, kämpfte Napoleon in Spanien und Portugal einen hartnäckigen Kampf, der sich erst im Jahre 1814 endigte. Oesterreich hatte jetzt den Krieg gegen Frankreich zu erneuern gewagt, um seine verlornen Lander wieder zu erobern. Aber Napoleons Stunde hatte noch nicht ge¬ schlagen. Nach der Schlacht bei Wagram (6. Juli 1809) zog er als Sieger in Wien ein, und nöthigte Franz II., ihm noch bei¬ nahe 2000 Q. Meilen und 3 Millionen Einwohner abzutreten und seine Tochter ihm zur Gemahlin zu geben. Preußen war bei diesem Kampfe neutral geblieben, sah aber wahrend desselben einen seiner ausgezeichneten Krieger, den Major von Schill, ohne des Königs Vorwissen von Berlin aus mit seinen Husaren einen küh¬ nen Streifzug nach Sachsen und Westphalen unternehmen, der eine Anregung des Volks zur Abschüttelung des französischen Joches be¬ absichtigte, aber schon in dem hartnäckigen Kampfe mit den Hollän¬ dern und Dänen in Stralsund (31. Mai 1809) endigte, in wel¬ chem Schill kämpfend siel. Doch näher, als man wähnen konnte, war der günstige Zeitpunkt für Preußens Befreiung. Rußland begünstigte den englischen Handel, dem Napoleon durch das Eonti- nentalsystem den Todesstoß zu geben gedachte, eröffnete seine Häfen für die Engländer und verbot dagegen die Einführung französischer Waaren. Grund genug zum Kriege, den Napoleon an Alexander erklärte. Wie die Rheinbundfürsten, so mußten auch Oesterreich und Preußen an dem Zuge nach Rußland Theil nehmev. Wäh¬ rend die Oesterreicher und Sachsen das Herzogthum Warschau deckten, kämpften 20,000 Mann Preußen unter Pork in Kurland. Napoleon selbst drang mit der Hauptmacht ins Innere Rußlands. Am Dnepr bei Smolensk (18. Aug. 1812) setzten sich die Russen zum Kampfe. Napoleon siegte hier wie an der Moskwa (7. Sept.) und zog schon den 14ten Sept. in Moskau, der alten Czarcnstadt, ein. Hier aber stand er am Ziele. Moskau ging in Feuer auf. Der Mangel an Lebensmitteln und grimmige Kälte zwangen den Eroberer, den Rückzug (18. Oct.) anzutreten, der bald zur wilden Flucht wurde, auf welcher der größte Theil seines Heeres jämmer¬ lich umkam, oder in Gefangenschaft gerieth. Von der halben Mil¬ lion, die er vor wenig Monden nach Rußland muthig und stolz ge?