335 wenn die Wiesen gemüht sind, seine fleischfarbigen, glockigen Blüten treibt. Im Frühjahre erst kommen die grünen Blätter hervor, und tief im Grunde derselben stecken die Samenkapseln. Besonders giftig sind die Zwiebelknollen und die runden, braunen Samenkörner. — (Vgl. Nr. 11, 12, 24, 26.) 32. per Weinstock. 1. Verbreitung. Der Weinstock gedeiht bei uns nur dann, wenn er an der warmen Ost- oder Südseite der Häuser oder Mauern ge¬ zogen wird; im Freien bringt er seine Früchte selten zur Reife. In den wärmeren Gegenden unsers Vaterlandes aber, besonders am Rhein, an der Mosel und am Main wächst er an Stangen in den großen Pflanzungen aus den Hängen der Berge, die man daher Weinberge nennt. Hier zieht man ihn als zwei Meter hohen Stock, pflegt ihn sorgfältig und keltert aus seinen Trauben den Wein. Wild wächst der Weinstock in Armenien. Schon seit den ältesten Zeiten wird er von den Menschen gepflanzt und gepflegt. Jetzt ist er über die ganze Erde verbreitet. Die Hauptweinländer sind Frankreich und Italien. Aber auch Griechenland und Portugal, Kalifornien und das Kapland erzeugen viel Wein. 2. Die Pflanze. Die Wurzeln des Weinstocks dringen tief in den Boden, so daß sie selbst in trockenen Zeiten, wenn die oberflächlichen Erd¬ schichten ausgetrocknet sind, noch Wasser erreichen. Der Stamm verzweigt sich in viele Reben, die anfangs weich sind und später verholzen. An den Reben sitzen abwechselnd Blätter und Ranken. Die Blätter sind groß und langgestielt und wenden ihre Fläche stets dem hellsten Lichte zu. Werden sie einmal beim Beschneiden oder Anbinden in andere Stellungen gebracht, so wenden sie sich in kurzer Zeit wieder dem Lichte zu. Sie haben eine schöne, vielfach geteilte Blattfläche, daher findet das Weinblatt in der Kunst bei Verzierungen häufig Anwendung. Die Blüten sind unscheinbar und grün gefärbt, sie können also durch ihre Färbung die Insekten nicht anlocken. Dafür aber haben sie einen starken, süßen Duft. Sehr merk¬ würdig sind die Blumenblätter gestaltet. Sie sind nämlich in der Mitte verwachsen und bedecken zuerst die Staubblätter und den Stempel wie eine Mütze, werden aber von diesen emporgehoben und abgeworfen. Die Früchte sind die köstlichen, saftigen Beeren, welche im Innern mehrere Samenkerne enthalten. Frisch genießen wir sie als schmackhaftes Obst, ge¬ trocknet als Rosinen und Korinthen. Diese kommen besonders aus Griechen¬ land; die Korinthen haben von der Stadt Korinth den Namen, in deren Nähe sie zuerst gebaut wurden. 3. Die Bereitung des Weines. Die Winzer sammeln im Herbst die reifen Trauben und keltern sie, d. h. sie pressen aus ihnen in großen Tonnen den Saft heraus und füllen denselben in Fässer. Bald gerät der Traubensaft in Gärung. Er fängt an zu brausen; es steigen zahlreiche Bläschen in ihm empor. Dieser Vorgang wird durch kleine Pilze hervor¬ gerufen, die am Boden der Weinberge und an den Blättern und Trauben der Pflanzen sich in großer Menge vorfinden und in dem süßen Saft sich schnell vermehren. Sie ernähren sich von dem Zucker des Saftes; sie nehmen ihn durch ihre zarte Haut in sich aus und spalten ihn in Kohlensäure und Alkohol, um dann beide Stoffe wieder auszuscheiden. Die gasförmige Kohlen- säure steigt in Bläschen in der Flüssigkeit empor und entweicht in die Luft; der flüssige Alkohol oder Spiritus dagegen bleibt in der Flüssigkeit zurück und