- 16 - machten. Als er auf dem Sterbebette lag, rief er seinen Bruder Eberhard zu sich und sprach zu ihm: „Nimm den Königsmantel, das Schwert und die Krone unsrer alten Könige, bringe sie Heinrich und mache Frieden mit ihm. Denn uns fehlt das Glück und die rechte Sinnesart; beides fiel Heinrich von Sachsen zu." 2. Am JinkenHevd. Heinrich, Herzog der Sachsen, hatte in der Nähe des Harzes seine Burg. Eines Tages, als er der Sage nach am Finkenherd beschäftigt war, überbrachten ihm die Großen des Reichs die Krone. Voran ritt Eberhard, Her¬ zog der Franken und bisher sein größter Feind. ,„Jch komme als Freund," redete er Heinrich an, „und bitte um deine Freundschaft. Mein Bruder Konrad hat noch im Sterben dein gedacht und sendet dir die Krone des Reichs. Willst du sie tragen?" Heinrich reichte ihm die Hand und sagte: „Ich weiß wohl, wie schwer eine Krone drückt; aber wenn so biedre Fürsten mir sie anvertrauen, will ich sie in Gottes Namen tragen." Bald daraus wurde Heinrich in Fritzlar zum Könige gewählt. Als ihn der Erzbischof von Mainz daselbst nun auch salben wollte, lehnte er die Salbung mit den Worten ab: „Euer Salböl hebt für Würdigere auf; für mich ist diese Ehre zu groß." Doch nannte er sich „König von Gottes Gnaden". 3. Keinvich stellt die GrnHerL des Weiches rviedev her. Unter den schwachen Nachfolgern Karls d. Gr. hatten die Reichsvasallen die Erblichkeit ihrer Lehngüter erstritten. Nicht selten standen sie dem Kaiser als Gleiche gegenüber und boten ihm Trotz. Zur Zeit Heinrichs umfaßte das deutsche Reich 5 Herzogtümer: Schwaben, Bayern, Franken, Sachsen und Lothringen. Zuerst wurde Heinrich nur von den Franken und Sachsen als König anerkannt. Durch Milde und Freundlichkeit gelang es ihm aber bald, auch die Anerkennung Schwabens und Bayerns zu gewinnen. Dem Herzog von Lothringen gab er seine Tochter zur Gemahlin, und so hatte er in einigen Jahren alle seine Vasallen dahin gebracht, daß sie ihm als ihrem König huldigten und ihm Treue und Heeresfolge gelobten. Über jeden Stamm gebot und richtete ziemlich selbständig der Herzog, über allen Ländern des Reiches aber stand der König als höchster Richter und Heerführer des ganzen Volkes, als letzte Zuflucht der Bedrängten, als oberster Schirmherr der Kirche. 4. Ginfall dev Wngcrvn. Im 5. Jahre seiner Regierung fielen die Ungarn in sein Land ein. In vielen einzelnen Haufen rückten sie auf ihren kleinen, gepanzerten Pferden heran. Wer sich ihnen entgegenstellte, wurde niedergemacht. Die Frauen und Mädchen koppelten sie wie das Vieh zusammen und führten sie in die Gefangenschaft. Die Saatfelder wurden verwüstet, das Vieh fortgetrieben, die Häuser eingeäschert. Man erzählt sogar von ihnen, daß sie das Fleisch der Erschlagenen gegessen und ihr Blut getrunken hätten. 5. Waffenstillstand. Diesen wilden Scharen stellte sich Heinrich entgegen; aber er vermochte nicht, ihnen Widerstand zu leisten, und mußte sich auf eine Burg bei Goslar zurückziehen. Alle Angriffe der Ungarn auf dieselbe waren vergebens. Heinrich nahm sogar einen ihrer Häuptlinge gefangen. Gegen Herausgabe desselben und Zahlung eines jährlichen Tributs schlossen sie mit ihm einen 9jährigen Waffenstillstand. 6. Städtebau. Während des Waffenstillstandes ließ Heinrich im ganzen Lande Burgen anlegen und vorhandene Städte mit Mauern undWällen umgeben. DieStädte aber erschienen den an Freiheit gewöhnten Deutschen wie Gräber, und sie hatten keine Lust, darin zu wohnen. Da befahl Heinrich zu losen, und jeder 9. Mann mußte in die Stadt ziehen. Die andern acht aber mußten denAcker bestellen und den drittenTeil der Ernte in die festen Plätze bringen. Dies geschah deshalb, damit das Landvolk, wenn eS zur Kriegszeit in den festen Plätzen Schutz suchte, hier auch auf längere Zeit Lebens¬ mittel vorfände. Zu dieser Zeit entstanden Quedlinburg, Merseburg, Meißen u. a. Städte. Nicht mit Unrecht heißt daher auch Heinrich der „Städtebauer". Die Leute in der Stadt (Burg) erhielten den Namen „Bürger". Der König verlieh ihnen manche