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Känguruh ist seinem ganzen Baue nach zum Springen und Hüpfen eingerichtet. Daher
sind die Hinterbeine ungeheuer lang (vergl. Hase und Frosch!), 5mal länger als die
zehr kleinen Vorderbeine. Überhaupt ist der Vorderkörper nur klein, der Hinterkörper
dagegen desto stärker, so daß hier der Schwerpunkt und die größte Kraft des Körpers
^.egt. (Inwiefern ist dies beim Springen wichtig?) So erklärt es sich, daß das Kängu¬
ruh bei der Verfolgung über 3 m hohes Gebüsch und 9 in breite Gewässer hinwegsetzt,
wobei es sich durch den ans- und niederschlagenden Schwanz wie mit einer Balancier¬
stange im Gleichgewicht erhält.
Ein Hund hat Mühe, das Känguruh einzuholen. Kommt ein solcher ihm zu nahe, so
umarmt cs denselben mit den Vorderfüßen und sucht ihm mit den Hinterfüßen, deren
Mittelzehe einen besonders großen, hufartigen Nagel trägt, den Bauch aufzuschlitzen. Gern
flüchtet es sich bei der Verfolgung in einen Bach oder Teich. Folgen ihm dahin die Hunde,
so taucht es dieselben mit den Vorderpfoten unter, damit sie ersaufen.
Da der Körper des Känguruh vorzugsweise zum Springen eingerichtet ist, so er¬
klärt sich leicht die Unbeholsenheit des Tieres beim Gehen, das eigentlich mehr ein
„Humpeln" ist. Man kann das namentlich beobachten, wenn die Känguruhs im Grase
weiden, wobei sie sich zuweilen in kleinen Gesellschaften von 20—30 Stück einfinden.
Beim Weiden stützt sich nämlich das Känguruh, um die Gräser bequem ergreifen zu
können, auf die Vorderfiiße (ähnlich wie die Hasen) und schiebt durch einen Ruck des
Körpers die Hinterbeine seitlich neben den Vorderbeinen vor. Von Zeit zu Zeit richtet
es sich aber auf und verzehrt die mit den Vorderfüßen abgerupfte Lieblingspflanze mit
Wohlbehagen. Dieses Aufrechtsitzen ist dem Känguruh die bequemste Stellung, wie
sich dies auch leicht aus dem Körperbau erklärt. (Inwiefern?) DielangenHinterpfoten,
auf deren ganzer Sohle das Känguruh hasenartig ruht, geben dem Körper dabei eine
feste Stütze und daher Sicherheit. Diese wird jedoch noch bedeutend durch den un-
gemein kräftigen und langen Schwanz erhöht; derselbe dient nämlich dem Känguruh
beim Sitzen ebenfalls als Stützpunkt, so daß es mit Hilfe desselben gleichsam wie auf
einem Dreifüße ruht.
2. Junge. In jedem Jahre bekommt das Känguruh 1—2 Junge; diese sind anfangs
nicht größer als eine Maus und werden von der Mutter in einer Hautfaltc, dem so¬
genannten Beutel, so lange nmhergetragen, bis sie ziemlich groß und kräftig sind. Es sieht
recht drollig aus, wenn die Mutter weidet, und die kleinen Tierchen dann ihre Köpfchen
aus dem Beutel hervorstreckcn, um sich auch einige Grashälmchen zu pflücken.
135. Der Hrcrng-Mtcrn.
1. Körperbcru. Der Orang-Utan (der etwa die Größe eines 14jährigen Kna¬
ben erreicht) unterscheidet sich — wie fast alle Affen— von den übrigen Säugetieren
besonders durch seine „Hände", mit denen die Vorder- und Hintergliedmaßen ver¬
sehen sind. (Die Hände der Hintergliedmaßen lassen jedoch durch ihren Knochenbau
noch den Fuß wiedererkennen, weshalb man die Hintergliedmaßeit auch wohl „Greif¬
füße" nennt.) Durch diese Hände erinnert der Affe an den Menschen, mit dem er in
seinem Äußern auch sonst wohl noch einige Ähnlichkeit hat; betrachtet man ihn aber ge¬
nauer, so wird man bald den Unterschied zwischen Affen und Menschen erkennen. Fast
der ganze Körper des Orang-Utan ist mit rotbraunen Haaren bedeckt. (Dieselben sind
am Oberarm abwärts, am Unterarm aufwärts gerichtet.) Nur das Gesicht, die Ohren
und die Innenflächen der Hände sind nackt, aber von bläulicher Färbung. Das bart¬
umrahmte Gesicht hat zwar in der Jugend einen menschenähnlichen, merkwürdigerweise
jedoch greisenhaften Ausdruck; mit zunehmendem Alter aber werden Nase und Maul
immer mehr schnauzenartig, und die langen Eckzähne geben dann demOrang-Utan beim
Öffnen des Maules ein echt tierisches Aussehen. Die Zahl und Art der Zähne stimmt
sonst mit dem Gebiß des Menschen überein, jedoch findet sich im Oberkiefer jederseits
zwischen den Schneide- und Eckzähnen eine Zahnlücke zur Aufnahme der unteren star¬
ken Eckzähne. Der Orang-Utan kann zwar auch aufrecht gehen wie der Mensch, nie-
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