571 Monaten das Land verlassen, die aber nach dieser Zeit Zurückbleiben¬ den ergriffen und hart bestraft werden sollten. Am 24. November wurden zuerst die Nichtangesessenen wie ein gejagtes Wild aufgescheucht. Zwei Schwadronen Dragoner trieben die Unglücklichen mit roher Ge¬ walt vor sich her. Ehe man sie entließ, warf man sie noch einmal in den Kerker und versuchte durch die Priester sie zum Abfall von ihrem Glauben zu bewegen. Im Frühlinge folgten die Güterbesitzer. Die Hirten feierten noch einmal am 1. Mai auf hoher Alp das Erwachen des Frühlings, beteten zum letzten Male auf den heimatlichen Hohen und gaben dann den nach alter Sitte festlich geschmückten Tieren die Frei¬ heit; denn es blieb niemand ihrer zu hüten. Die Zahl der Aus¬ gewanderten wuchs nach und nach auf 30 000 an. Sie alle erfuhren die treue Fürsorge ihres Gottes. Ihr Zug durch Deutschland glich einem Triumphzuge. Auch durch Gera wanderten in der Zeit vom 16. April bis zum 4. Juli 1732 sieben Züge der Vertriebenen. Am 16. April, dem Tage nach dem Osterfeste, verbreitete sich plötzlich die Nachricht in der Stadt, daß gegen Abend über 500 Salzburger ankommen würden. Schon dieses Gerücht setzte alle in freudige Bewegung, und als die Zeit herankam, in der man die Auswanderer erwartete, machte sich der größte Teil der Einwohner auf und ging ihnen durch die Stadtwaldnng hinaus entgegen. Es begann bereits zu dämmern, als man die sehn¬ lichst Erwarteten ankommen sah. Der den Zug begleitende preußische Kommissar war bereits ein paar Stunden früher in der Stadt angelangt. Kaum wurden die Wanderer die Menschenmenge gewahr, als sie sich im geordneten Zuge paarweise aufstellten und so, die Männer voran, dann die Frauen, zuletzt die Wagen mit den Kranken und Gebrechlichen einherzogen. In ergreifender Weife sangen sie dabei das Lied: Ein' feste Burg ist unser Gott. Der Empfang der Bürger war so herzlich, als wären diejenigen, welche sie begrüßten, von langer Zeit her gute liebe Bekannte. Die Männer schlossen sich den Männern, die Frauen den Frauen an. Viele Frauen nahmen den Salzburgerinnen die Kinder vom Arme und trugen sie nach der Stadt. Die Bürger bethätigten ihre Gesinnung auf andere Weife, indem die meisten schon jetzt den vertriebenen Glaubensbrüdern gaben. So gelangte man singend bis an die große Elsterbrücke. Hier kam der preußische Kommissar, um¬ geben von den Mitgliedern des Stadtrates, den Salzburgern entgegen. Der Bürgermeister begrüßte die Wanderer auf das Liebreichste und hieß sie im Namen der Stadt willkommen. Hierauf ordnete sich der Zug wieder und bewegte sich, den Stadtrat an der Spitze und unter dem Gesänge des Liedes: Wer nur den lieben Gott läßt walten, bis auf den Markt. Auf Befehl Heinrichs XVIII. wurde die ans 550 Köpfen be¬ stehende Schar in die Gasthöfe verteilt. Die Wagen, auf denen die kleinen Bündel, die ganze Habe der Leute, sich befanden, blieben auf dem Markte stehen, wo sie von einer freiwillig gebildeten Bürgerwache die Nacht hindurch bewacht wurden. Die Gasthöfe waren zum Er¬ drücken voll, und die ermüdeten Salzburger würden es nicht besonders 37*