68 135. Ein braver Soldat. Ein Soldat, der auf Vorposten stand, wurde in einer dunkeln Nacht unversehens von dem Feinde überfallen, entwaffnet und gefangen genommen. Sie nahmen ihn in die Mitte, richteten die Bajonette auf ihn und geboten ihm, sie sogleich auf das Lager zu führen. Time er dies, solle ihm das Leben geschenkt sein ; beim geringsten Laute jedoch, den er von sich zu geben wage, würden sie ihn auf der Stelle durchbohren. Der Soldat ging willig mit, wusste aber wohl, was er thun wollte. So wie sie an die Schild¬ wache kamen und er glauben konnte, dass er gehört werde, schrie er mit lauter Stimme: „Holla, Kameraden, hier sind Feinde!“ Im Augenblick war das ganze Lager auf den Beinen, und der Überfall wurde vereitelt; den treuen Sol¬ daten aber fand man von vielen Stössen durchbohrt auf derselben Stelle entseelt liegen, wo er seinen Warnungsruf aUSgestoisen hatte. Heinrich Caspari. 136. Der hl. Longinus. Die Überlieferung der Kirche berichtet, daß der Hauptmann, welcher bei der Kreuzigung des Herrn die Wache befehligte, Longinus geheißen habe. Derselbe ward schon durch den Anblick der Seelengröße, mit welcher der Heiland starb, sowie der Wunder, welche beim Tode desselben geschahen, zum Glauben an Christum gebracht. Darin wurde er noch mehr durch die Auferstehung bestärkt, wobei er ebenfalls als wachehabender Hauptmann zu¬ gegen war. Mit großem Eifer trat er gegen die Juden auf, welche den Soldaten Geld zu geben versprachen, um die Auf¬ erstehung des Gekreuzigten zu leugnen, und bezeugte dieselbe fest und unerschütterlich. Er genoß den Unterricht der heiligen Apostel und zog sich, nachdem er seine Stelle niedergelegt hatte, auf sein Landgut zurück. Daselbst predigte er den Gekreuzigten und Auf¬ erstandenen. Die Juden, hierüber erbittert, wirkten von dem Statthalter Pilatus einen Befehl aus, daß der Heilige enthauptet werden solle. Von Gott über sein nahes Ende belehrt, bewirtete Longinus die abgesandten Soldaten, die an ihm das Todesurteil vollziehen sollten, ihn aber nicht kannten. Als die Soldaten Speise und Trank genossen hatten, trat er zu ihnen und sprach: „Ich bin Longinus, den ihr suchet; thut an mir, was euch auf¬ getragen ist." Sie vermochten es lange nicht über sich, an ihren Wohlthäter Hand anzulegen; erst am dritten Tage brachte sie die Furcht vor Pilatus zur Vollziehung des Urteils. Voll freu¬ diger Hoffnung, in das Paradies zu kommen und der Herrlichkeit des Auferstandenen teilhaftig zu werden, bot der Heilige sein Haupt den Soldaten dar und empsing den Todesstreich. Nach B-stn».