97 und das gemeinsame Streben, wovon sie beseelt waren, alle Herzen, daß das Niedrige, Gemeine und Wilde, deut in getümmelvollen Zeiten der Bewaffnungen und Kriege eine so weite Bahn geöffnet ist, nicht aufkommen konnte. Die heilige Begeisterung dieser unvergeßlichen Tage ist durch keine Ausschweifung und Wildheit entweiht worden; es war, als fühlte auch der Kleinste, daß er ein Spiegel der Sittlichkeit, Bescheidenheit und Rechtlichkeit sein müsse, wenn er den Übermut, die Unzucht und Prahlerei besiegen wollte, die er an den Franzosen so sehr verabscheut hatte. Was die Männer so unmittelbar unter den Waffen und für die Waffen thaten, das that das zartere Geschlecht der Frauen durch stille Gebete, brünstige Ermahnungen, fromme Arbeiten, menschliche Sorgen und Mühen für die Ausziehenden, Kranken und Verwundeten. Wer kann die unzähligen Opfer und Gaben jener Zeit zählen, die zum Teil unter den rührendsten Umständen dargebracht worden sind? Wer kann die dem Vaterlande ewig teuren Namen der Frauen und Jungfrauen aufrechnen, welche in einzelnen Wohnungen oder in Kranken¬ häusern die Nackenden gekleidet, die Hungrigen gespeist, die Kranken gepflegt und die Verwundeten verbunden haben? So geschah es von einem Ende des Reichs bis zum andern, doch gebührte Berlin der Vorrang; diese Stadt hat bewiesen, daß sie verdient, der Sitz ihrer Herrscher zu sein. Freue dich deiner Ehren, wackre Stadt! Die alten Unbilden sind vergessen. Ruhm und Glück werden wieder ihren Wohnsitz bei dir aufschlagen. Ich sage nur das eine: Es war plötzlich, wie durch ein Wunder Gottes, ein großes und würdiges Volk erstanden. So hat das preußische Volk sich offenbart; so sind die Wunder, die uns Deutschen vom Guadalquivir und Ebro, vom Dniepr und von der Düna verkündigt wurden, auch bei uns erneuert; so ist Gott und Gottes Kraft und eine Begeisterung, die wir nicht begreifen können, auch unter uns erschienen. Die Preußen hatten Fehrbellin und Hochstädt, Turin und Malplaquet, sie hatten die Tage von Roßbach und Leuthen, die Schlachten von Torgau und Zorndorf — sie haben nie Tage gehabt, wie die von Groß-Görschen und von der Katzbach, von Dennewitz und von Leipzig; denn sie haben nie vorher weder mit einem so großen Geiste, noch für eine so große Sache das Schwert gezogen. Daß wir jetzt frei atmen, daß wir fröhlich zu den Sternen blicken und Gott anbeten, daß wir unsere Kinder wieder mit Freuden ansehen können, als die da künftig freie Männer sein werden: das danken wir nächst Gott diesen Beginnern der deutschen Herr¬ lichkeit; sie sind uns übrigen Deutschen, wie verschiedene Namen wir auch führen mögen, die glorrreichen Vertreter und das erste Beispiel der Freiheit und Ehre geworden. Arndt. 59. Lützows wilde Jagd. 1. Was glänzt dort vom Walde im Sonnenschein, hör's näher und näher brausen? Es zieht sich herunter in düstern Reih'n und gellende Hörner schallen darein und erfüllen die Seele mit Grausen. Das Vaterland. 7