I. Geschichte. 1. Die alten Deutschen. 1. Das Land. Vor etwa 2000 Jahren war Deutschland noch von endlosen Wäldern und großen Sümpfen bedeckt. In den Wäldern hausten Auerochsen, Büren und Wölfe. Äcker sah man selten, desto öfter aber fette Weiden, auf denen Pferde, Rinder und Schafe grasten. 2. Die Bewohner waren groß und kräftig. Sie hatten blaue Augen und langes, blondes Haar. Ihre Kleidung bestand meist aus dem Felle eines erbeuteten Wildes; doch trug man auch gewebte Gewänder. Sie wohnten in einzeln liegenden Gehöften. Ihre Häuser waren aus rohen Baumstämmen zusammengefügt und mit Stroh oder Rohr gedeckt. Die liebste Beschäftigung war ihnen Jagd und Krieg. Zum Ackerbau hatten sie keine Lust, sie überließen ihn den Sklaven und Frauen. Waren Jagd und Krieg vorbei, so lagen sie gern ans der Bärenhaut. Beini Met¬ becher überließen sie sich dann häufig dem Würfelspiele. Oft verspielten sie Hab und Gut, ja, selbst ihre Freiheit. Doch rühmt man ihre Treue. Das gegebene Wort wurde stets gehalten. Ein Handschlag galt als Eid. Auch die Gastfreundschaft stand in hohen Ehren. — Man unterschied Freie (Kerle), Hörige (Liten — Leute) und Unfreie (Schalke). Die Freien kamen beim Neumonde zu Ratsversammlnngen zusammen, um Rat oder Gericht zu halten. War ein Krieg beschlossen, so ries man mit Auerochsenhörnern die Männer (den Heerbann) zum Kampfe herbei. 3. Religion. Die alten Deutschen waren Heiden. Sie verehrten verschiedene Götter. Ihr oberster Gott war Wodan. Man dachte sich ihn einäugig, wie der Himmel ja auch nur eine Sonne hat. Bekleidet ist er mit dem grauen, rotgerän¬ derten Wolkenhute und dem blauen Sturmmantel. Auf achtbeinigem Rosse reitet er durch die Lust. Sein Wohnsitz ist die hunderttorige Himmelsburg Walhalla, die mit goldenen Schilden und Speerschäften getäfelt ist Hier ist auch der fröhliche Auf¬ enthaltsort der im Kampfe gefallenen Helden. Hier halten sie ihre fröhlichen Jagden und Kämpfe ab, bei denen die erhaltenen Wunden sofort wieder zuheilen; hier sitzen sie lustig beim Schmause. Wodans Gemahlin war Freia, die Göttin des ehelichen Glückes und der häuslichen Ordnung. Sein Sohn Tor (Donar) war der Donnergott, der aus seinem roten Barte die Blitze blies. 2. Hermann, der Befreier Deutschlands. 9 n. Chr. 1. Barns. Zur Zeit der Geburt Christi kam das deutsche Land im Westen bis über die Weser hinaus und im Süden bis zur Donau unter römische Herr¬ schaft. Im Jahre 6 n. Chr. schickte der Kaiser Augustus seinen Feldherrn Varus, einen harten, geldgierigen Mann, als Statthalter nach Deutschland. Dieser errichtete an der Weser ein festes Lager und behandelte ganz Norddeutschland wie eine rö¬ mische Provinz. Die alten Schiedsgerichte hob er auf und setzte römische Richter ein, die in ihrer Sprache und nach ihrem Gesetze das deutsche Volk richteten. Auch legte er Steuern auf, die bis dahin kein freier Mann gezahlt hatte. Wenn er durch das Land zog, ließ er nach römischer Weise Beile und Rutenbündel vor sich hertragen, zum Zeichen, daß er Macht über Leben und Tod habe. Das alles erfüllte die Deutschen mit Ingrimm. 2. Hermaun. Bald kam dem bedrängten Lande der Retter. Das war Hermann, der Sohn eines Fürsten der Cherusker, die zwischen Harz und Elbe Kahnmeyer u. Schulze, Realieubuch 6. . 1