89 2. Blüte. Gewöhnlich meint man, die Blütenblätter seien der wichtigste Teil der Blüte. Das ist jedoch nicht der Fall. Sie sind nur die Schutzhülle der Blüte und laden durch ihre buute Farbe wie eiu Wirtshausschild die Insekten zum Honige ein. Die wesentlichsten Teile der Blüte sind vielmehr Staubblätter und Stempel, da durch sie allein die Bildung der Frucht bewirkt wird. Eiu Staubblatt besteht aus dem Staubfaden und dem Staubbeutel. In dem Staub¬ beutel entwickelt sich der Blüteustaub, Pollen genannt. Bei der Reife springt das Beutelchen auf, der Staub fällt heraus und wird vom Winde oder von In¬ sekten von Blume zu Blume getragen. In der Mitte der Staubblätter steht der Stempel. Der obere Teil des Stempels heißt Narbe, der untere Fruchtknoten (dessen Wände Fruchtblätter). Bei den meisten Pflanzen findet sich zwischen Narbe und Fruchtknoten noch der Griffel oder Staubweg. Bei der Tulpe fehlt er. Auf der Narbe sitzt eine klebrige Flüssigkeit, die den Blütenstaub festhält. Dieser Staub treibt hier kleine Schläuche, die in den Fruchtknoten hineinwachsen und dort die Ausbildung des Samens bewirken. Der Duft der Tulpe ist schwach. Sie hat ihn zum Anlocken der Insekten auch kaum nötig (S. 91), da ja ihre Farben weithinleuchten. 3. Geschichtliches. Die Tulpe stammt aus Persien. Vor etwa 400 Jahren kam sie nach Europa und wurde später mit Vorliebe in Holland gezogen. Bald fing man hier einen großartigen Handel mit den Zwiebeln der Tulpe an. Am teuersten wurden die selteneren Arten bezahlt, und jedermann war bemüht, solche zu züchten und in den Handel zu bringen. Für den Verkauf der Tulpenzwiebeln wurden besondere Markttage festgesetzt, und Grafen und Handwerker, Kaufleute und Tagelöhner kauften und verkauften dann die Zwiebeln. Die Preise der besseren Sorten waren unglaublich hoch. Eine einzige Zwiebel lvurde zuweilen mit 10—20000 M> bezahlt. Doch nicht lange dauerte dieser „Tulpeuschwindel". Ebenso schnell, wie die Tulpe im Preise gestiegen war, sank sie wieder herab. Die Stadt Harlem aber hat die Tulpeuzucht beibehalten und bringt noch heute viele Zwiebeln, jedoch zu sehr mäßigen Preisen, in den Handel. 3. Zierpflanzen. Tulpen, Hyazinthen, Krokusse u. v. a. Pflanzen dienen dem Garten zur Zierde und werden daher Zierpflanzen genannt. Viele von ihnen, wie z. B. Fuchsie, Pelargonie, Goldlack und Kalla, werden auch in Töpfen gezogen, um als Stubenpflanzen zu dienen. Bei diesen hat man besonders daraus zu achten, daß sie — je nach den Arten — nicht zu wenig und nicht zu viel Sonne erhalten. Die Erde in den Töpfen muß zu gleichen Teilen aus Mistbeet-, Laub¬ und Heideerde zusammengemengt und alljährlich erneuert werden. Zum Begießen nimmt man am besten Regeuwasser. Einige Zierpflanzen lassen sich leicht durch Stecklinge oder Senker vermehren. Schneidet man z. B. (am besten im Mai oder August) einen kleinen Zweig von einer Fuchsie oder einer Pelargonie ab und steckt ihn in einen Topf mit Erde, so schlägt er — namentlich wenn er mit einer Glasglocke überdeckt wird (S. 114) — bald Wurzeln. Eine andere Art der Vermehrung ist folgende: Man biegt z. B. im Gartenbeete den Zweig einer Nelke um, schneidet ihn zur Hälfte ein, hakt ihn in der Erde mit einem Stückchen fest und bedeckt ihn an der tiefsten Stelle mit Erde. In kurzer Zeit hat der Senker Wurzeln geschlagen und kann nun von der Mutterpflanze getrennt werden. Die Zwiebeln der Krokusse, Hyazinthen, Tulpen u. a. Blumen müssen schon im Oktober oder anfangs November in Töpfe gelegt und dann bis Weihnachten oder Lichtmeß im Keller aufbewahrt werden. Bringt man sie hierauf ins warme Zimmer, so sangen sie alsbald an zu treiben.