12 15. Strohhalm, Kohle und Bohne. „Märe mir denn ein besseres Schicksal zuteil geworden?" sprach das Stroh; „alle meine Brüder hat die Alte in Seuer und Rauch aus¬ gehen lassen, sechzig hat sie aus einmal gepackt und ums Leben gebracht. Glücklicherweise bin ich ihr zwischen den Singern durch¬ geschlüpft." „Mas sollen wir nun aber anfangen?" sprach die Kohle. „Sch meine," antwortete die Bohne, „weil wir so glücklich dem Tode ent¬ ronnen sind, so wollen wir uns als gute Gesellen zusammenhalten und, damit ilns hier nicht wieder neues Unglück ereilt, gemeinschaftlich aus¬ wandern und in ein fremdes Land ziehen." Der Vorschlag gefiel den beiden anderen, und sie machten sich miteinander auf den Meg. Bald aber kamen sie an einen kleinen Bach, und da keine Brücke oder Steg da war, so wußten sie nicht, wie sie hinüberkommen sollten. Der Strohhalm fand guten Rat und sprach: „Sch will mich querüber legen, so könnt ihr auf mir wie auf einer Brücke hinübergehen." Der Strohhalm streckte sich also von einem Ufer zum anderen, und die Kohle, die von hitziger Natur war, trippelte auch ganz keck aus die neugebaute Brücke. Als sie aber in die Mitte gekommen war und unter sich das Maffer rauschen hörte, ward ihr doch angst, sie blieb stehen und getraute sich nicht weiter. Der Strohhalm aber fing an zu brennen, zerbrach in zwei Stücke und fiel in den Bach. Die Kohle rutschte nach, zischte, als sie ins Maffer kam, und gab den Geist auf. Die Bohne aber, die vorsichtigerweise noch aus dem Ufer zurück¬ geblieben war, mußte über die Geschichte lachen, konnte nicht auf¬ hören und lachte so gewaltig, daß sie zerplatzte. Nun war es ebenfalls um sie geschehen, wenn nicht zum guten Glücke ein Schneider, der auf der Manderschaft war, sich an dem Bache ausgeruht hatte. Meil er ein mitleidiges Z>erz hatte, so holte er eine Nadel und Zwirn heraus und nähte sie zusammen. Die Bohne bedankte sich bei ihm aufs schönste; da er aber schwarzen Zwirn gebraucht hatte, so haben seit der Zeit alle Bohnen eine schwarze Naht. srüdcr Grimm.