- 15 - Milchkuh." Als sie diese Worte geredet hatte, vernahmen sie an der Thür ein Gebrüll, wie das einer Kuh. Da wurde es ihnen wehmütig; denn sie gedachten der Kuh, die ihnen gestorben war. Als es nun aber leise an die Thür klopfte, da erschraken sie, unb nachdem sie die Thür geöffnet, trat ein Mann herein und sagte: „Sehet, ein guter Freund sendet euch diese Kuh und die Säcke nebst seinen! freundlichen Gruß!" Da erstaunten sie noch mehr, und ehe sie fragen und danken konnten, war der Mann schon von dannen gegangen. Die Kuh aber war an einen Baum gebunden, und war schwarz und weiß gefleckt, und viel schöner, als die gestorbene. Da führten die Kinder sie jauchzend in den Stall und trugen mit Mühe das Korn in die Hütte; die Mutter aber weinte heimlich. Des andern Tages kam der Geber selbst zu der Witwe und sagte: „Ihr habt gestern in der Kirche Gott Eure Thränen darge¬ bracht; dafür hat er Euch getröstet. Ich war ihm schon lange ein Opfer meines Dankes schuldig; denn er hat mich reichlich gesegnet. So seid so gut und nehmet es ohne Dank als eine Schuld, die ich gern abtrage. Ich danke Gott, daß er in der Kirche mein Herz erweckt hat, Euch zu helfen!" — So sprach der Mann, und darauf schieden sie fröh¬ lich voneinander. Zum Teil nach einem Gedichte von Bürger. 11. Ein Haken und was daran hängt. An einem Sonntagnachmittag, zwischen Kinderlehre und Abend¬ essen, spielte Adam, des Rotgerbers Söhnlein, in der Werkstatt des Schlossermeisters Hell und entwendete einen eisernen Haken, der bei vielen andern an einem großen Ringe hing. Daheim warf er ihn in einen Spielkorb und ging wieder seines Weges. Der Spielkorb aber glich einem Dohlenneste, und war so viel unrechtes Gut darin, wie in dem Sacke eines Gaudiebs am Jahrmärkte. Die Mutter hätte es finden müssen, wenn sie auf ihr Söhnlein besser geachtet und es nicht hätte treiben lassen, was es wollte. — Ein Jahr hernach, auf einen Sonntag¬ nachmittag um die vierte Stunde, spielte Adam mit dem Haken an der Thür seiner Mutter, die nicht daheim war; und weil er es machte, wie der Schlosser, wenn man den Schlüssel verlegt hat, so ging die Thür auf und Adam in das Dachstüblein hinein; und weil der Kreuzer, der auf dem Tische lag, nicht wußte, weur er gehöre, so nahm er ihn, ging davon und schlug die Thür hinter sich zu. — Wiederum zehn Jahre darnach, am ersten Advent, nachmittags uni die fünfte Stunde, spielte Adam mit andern lustigen Gesellen im Wirtshause, und ob er gleich einmal um das andere verlor, betrübte er sich doch nicht sehr; denn er dachte bei sich: mit einem Haken kann ich das Wandschränklein meines Vaters aufmachen, so oft ich will, und seine harten Thaler aus¬ zählen. — Wiederum fünf Jahre hernach, am Palmsonntag, abends um die achte Stunde, spielte Adam in einer schlechten Hütte im Walde um Dukaten; denn er war ein Räuber geworden, wie die andern, die um ihn her saßen, und hatte mit seinem Haken den eisernen Geld¬ kasten eines reichen Mannes aufgethan und die Goldstücke in seine Tasche wandern lassen. Aber gerade, als ihm die Würfel am besten