No. 64. Landwirtschaft und Gewerbe. 113 Ernte lieferte, so führte ums Jahr 800 n. Chr. Kaiser Karl der Grosse die etwas ergiebigere Dreifelderwirtschaft ein, wobei auf einem Acker erst Wintergetreide, dann Sommergetreide gepflanzt wurde und der Boden im dritten Jahre brach liegen blieb. Auch diese Wirtschafts¬ weise liefert geringen Ertrag: denn sie erzeugt, wenn nicht viele Wiesen zu Gebote stehen, viel zu wenig Futter und Dünger und gestattet zu wenig Zeit für die durchgreifende Bodenbearbeitung. Seitdem die Kartoffeln und der Klee allgemeiner bekannt und ver¬ breitet wurden, liess man diese und andere Pflanzungen als sogenannte „Brachfrüchte“ an die Stelle der reinen Brache treten und pflanzte also: 1. Wintergetreide, 2. Sommergetreide, 3. eingebaute Brache, 4. Winter¬ getreide und so fort. So entstand die „besömmerte“ oder verbesserte Dreifelderwirtschaft, so genannt, weil das Brachfeld den Sommer über mit Brachfrüchten angebaut wird. Sie liefert für sich allein nicht genug Futter und Dünger: sind aber noch viel Wiesen daneben vorhanden, so ist sie ziemlich' einträglich. Alle diese Fruchtfolgen nennt man Körnerwirtschaft, weil sie haupt¬ sächlich die Getreideerzeugung bezwecken. Eine weit vollkommenere und vorteilhaftere Bodenbenützung erzielt die Fruchtwechsel wirt¬ schaft. Der grosse Vorteil derselben gegenüber der Körnerwirtschaft besteht darin, dass man die Eigentümlichkeiten der einzelnen Kultur¬ pflanzen, ihre Ansprüche an Dünger, Bodenbearbeitung und Vorfrucht, besser berücksichtigen und dadurch die Erträge sicher stellen kann. Die verschiedenen Pflanzen machen bekanntlich nicht nur verschiedene Ansprüche an den Vorrat von Nährstoffen im Boden, sondern hinter¬ lassen denselben auch in verschiedenem Zustande: einige lockern, andere verunkrauten, andere beschatten ihn, noch andere Schliessen Nährstoffe im Boden auf und hinterlassen wertvolle Kückstände. Dies alles kann man bei der Fruchtwechsel wirtschaft in vorteilhafter Weise ausnützen, bei der Körnerwirtschaft aber nicht. Die Hauptregel der Fruchtwechselwirtschaft besteht darin, dass gewöhnlich nicht zwei Halmfrüchte hintereinander folgen, sondern dass ein regelmässiger Wechsel zwischen Halm- und Blatt- oder Hackfrucht dabei stattfindet. In der Regel wird nur die Hälfte des Ackerfeldes mit Getreide bebaut, die andere trägt Futter- und Handelspflanzen. Einer Frucht, die den Boden verunkrautet oder verhärtet, folgt ein Ge¬ wächs, welches den Boden wieder reinigt oder lockert. Obgleich der Fruchtwechsel viel Dünger erfordert, so ersetzt er bei richtigem Be¬ triebe teilweise die Wiesen, weil man auf dem Acker so viel Futter gewinnt, dass das Düngerbedürfnis befriedigt werden kann. Doch sind Lesebuch für Fortbildungsschulen. 8