126 so steht man bald vor der herrlichen gotischen St. Elisabethkirche, welche sich über dem Grabe der heiligen Elisabeth erhebt. Dieses alte Gotteshaus, dessen Äußeres schon einen majestätischen Eindruck macht, ist nicht nur die Perle der Bauten Marburgs, sondern über¬ haupt des ganzen Hessenlandes. Es wurde bis zur Spitze seiner fünfundsiebzig Meter hohen Türme ganz aus grauen Sandstein¬ quadern aufgebaut und brachte neben der Liebfrauenkirche in Trier den gotischen Stil in einfachen und edlen Verhältnissen zum ersten Male in Deutschland zu harmonischem Ausdruck. Ein Meisterwerk in seinem architektonischen und deutungsvollen Aufbau sowie in seiner künstlerischen Ausführung, tritt uns diese Kirche als eines der ältesten Gotteshäuser entgegen. Landgraf Konrad, der Schwager der heiligen Elisabeth, legte nach seinem Eintritt in den deutschen Ritterorden den Grundstein der Kirche. Diese sollte nicht nur das Grab der heiligen Elisabeth in sich bergen, sondern auch als Gotteshaus für die Ordensbrüder dienen. Am 1. Mai 1283 wurde die Kirche eingeweiht, doch erst im zweiten Viertel des darauffolgenden Jahrhunderts konnten die beiden Türme zur Vollendung kommen. Das Innere der Kirche bietet unendlich viel an kunstvollen und sehenswerten Bauwerken, Holzskulpturen, Schnitzereien nnd Gemälden. Unweit dieser Kirche beginnt nach Überschreitung des über¬ wölbten Ketzerbaches der allmähliche Anstieg. Zunächst der Stein¬ weg besteht aus drei übereinander liegenden Straßen, an welche sich die Neustadt anschließt. Wo diese den höchsten Punkt des Bergrückens erreicht, beginnt die schmale Wettergasse, deren östliche Häuserreihe wie Schwalbennester am Berge kleben und von deren hinteren Fenstern aus sich eine, herrliche Aussicht auf das Lahn¬ tal bietet. Auf dem Marktplatze, einer höchst ausdrucksvollen Stelle der Stadt, auf die man durch die Marktgasse gelangt, erhebt sich das in den Jahren 1612 bis 1616 in spätgotischem Stil errichtete Rathaus, eines der merkwürdigsten Gebäude Marburgs. Das steile Gelände ausnutzend, mußte vor Errichtung des Rathauses auf der Nordseite erst eine hohe Mauer aus Sandstein aufgeführt werden, auf welcher dann der Aufbau des Gebäudes selbst erfolgen konnte. Unter vielen Sehenswürdigkeiten enthält das Rathaus eine vom Marburger Uhrmacher Dohrn in: Jahre 1581 angefertigte, höchst kunstvolle Uhr mit fein erdachtem Mechanismus. Eine große Menge oft beängstigend enger Gassen und Gäß- chen durchziehen die weitausgedehnte Stadt, bald steil ansteigend, bald bergabführend oder in ebener Richtung fortlaufend.