I. Lebensbilder. 5 das, was die Zeit gebietet, dem Anwendbaren, Nützlichen, Wahren, Not- wendigen müssen wir folgen. Rechnen muß ein Knabe, ein Jüngling lernen, damit er sein Leben berechne; denn die gesamte Vernunft, zumal in der Führung menschlicher Dinge, heißt Rechnen. Geometrie muß ein Knabe lernen, daß er ein Augenmaß, Richtschnur, Geschicklichkeit in der Hand, Anschauung des Beweises und endlich die Neigung bekomme, in welcher praktischen Wissenschaft und Übung es auch sei, nicht oberflächlich, sondern gründlich zu verfahren und dem Vaterland nützlich zu werden. Naturkunde muß ein Knabe lernen, damit er sich seines Lebens erfreue, die Wohlthaten der Natur erkenne und recht gebrauche und endlich einmal so mancher Aberglaube und Irrtum schwinde, der das menschliche Geschlecht nie glücklich gemacht hat und in unsere Zeit gar nicht gehört. — Be¬ schäftigt euch, beschäftigt euch früh, fortgehend, gewählt, nützlich; es kommt eine Zeit, in der ihr geübt sein müßt, wo ihr eurer Geschicklichkeit be¬ dürfen werdet. Herder. 4. Der Vater giebt seine Uhr dem Sohne. 1. Deine Tag' und Stunden flössen, Nicht gemessen, nur genossen, Nicht gezählt nach Schlag und Uhr, Wie ein Bach durch Blumenflur. 2. Aber ernster wird das Leben Und ich will die Uhr dir geben; Trage sie, wie ich sie trug, Unzerbrochen lang genug! 3. Daß sie dir mit keinem Schlage Von verlornen Stunden sage! Unersetzlich ist Verlust Des Geschäfts und auch der Lust. 4. Sohn! der Tag hat Stunden viele, So zur Arbeit wie zum Spiele; Gieb das Seine jedem nur, Und du freuest dich der Uhr. 5. Selber hab' ich mit den Stunden Mich soweit nun abgefunden, Daß ich ohne Glockenschlag Sie nach Notdurft ordnen mag. 6. Zähle du für mich die Stunden! Und auch jene, die geschwunden, Kehren schöner mir zurück, Wie du sie dir zählst zum Glück. Rückert. 5. Hoffnung. Es reden und träumen die Menschen viel Von bessern künftigen Tagen; Nach einem glücklichen, goldenen Ziel Sieht man sie rennen und jagen. Die Welt wird alt und wird wieder jung, Doch der Mensch hofft immer Verbesserung. Die Hoffnung führt ihn ins Leben ein, Sie umflattert den fröhlichen Knaben, Den Jüngling locket ihr Zauberschein, Sie wird mit dem Greis nicht begraben, Dann beschließt er im Grabe den müden Lauf, Noch am Grabe Pflanzt er die Hoffnung auf. Es ist kein leerer schmeichelnder Wahn, Erzeugt im Gehirne der Thoren. Im Herzen kündigt es laut sich an, Zu was Besserm sind wir geboren. Und was die innere Sümme spricht, Das täuscht die hoffende Seele nicht. Schiller.