104 20. Kirche und Schule Kinder der in der Schule am stärksten vertretenen Religions¬ gesellschaft, von seltenen Ausnahmefällen (Übergangszeiten) abgesehen, durch ihre ganze Schulzeit hindurch den Unter¬ richt in den weltlichen Hauptfächern durch Lehrer ihres Glau¬ bens empfangen. Simultanschule ist gegeben, wenn als Norm die Möglichkeit besteht, daß die Kinder dieser Mehrheit wäh¬ rend ihrer Schulzeit in einigen Jahrgängen in den weltlichen Hauptfächern von Lehrern des Glaubens der Minderheit unterrichtet werden. Nur in etlichen Jahrgängen kann es vorkommen; denn bei allen Simultanschulen besteht, weil der Lehrer zugleich Religionslehrer ist, aus Ersparnisgründen die Vorschrift, daß die konfessionelle Zusammensetzung des Lehrkörpers sich tunlichst dem Konfessionsverhältnisse an¬ schließen solle, das unter den die Schule besuchenden Kin¬ dern obwaltet. Prinzipiell betrachtet, ergibt sich über das Verhältnis von Konfessions- und Simultanschule folgendes. Der Volksschulzwang ist eingeführt zur Förderung der Untertanen in ihrem bürgerlichen, nicht in ihrem kirchlichen Berufe. Denn die Pflicht, sich für den kirchlichen Beruf vor¬ bereiten zu lassen, liegt dem einzelnen schon nach Kirchen¬ recht ob. Dafür zu sorgen, besteht für den Staat kein Bedürf¬ nis. Wäre dies trotzdem die Absicht des Staates bei Ein¬ führung des Schulzwanges gewesen, dann hätte er unmöglich den Satz ausstellen können, daß die Ortsschule für die Kinder aller Konfessionen, die am Orte sind, eine gemeinsame sein soll. Der Staat hält zur Vorbereitung für den bürgerlichen Beruf nicht nur geistige, sondern auch sittliche Erziehung für erforderlich. Aller Unterricht hat diese Doppelaufgabe, allein der Unterricht in den weltlichen Fächern doch erst in zweiter Linie. Deshalb fügt der Staat die Sittenlehre auch als besonderen Unterrichtsgegenstand dem Lehrplane ein, und zwar tut es der deutsche Staat dadurch, daß er die konfessio¬ nelle Glaubenslehre, die eine Sittenlehre (zehn Gebote) in sich trägt, auch zum bürgerlichen Unterrichtsgegenstand er¬ klärt, und zwar zu einem Hauptsache. Die Unterweisung darin ist obligatorisch, und es entfallen auf ihn bei sieben Schuljahren zu je 40 Wochen, wenn wir Normalbetrieb vor¬ aussetzen, 800 Stunden, was gegenüber 1120 Stunden im Rechnen, 1480 in den Realien, 2240 im Deutschen viel ist, wenn wir beachten, daß der Religionsunterricht noch außer¬ halb der Schule durch die kirchliche Vorbereitung auf Kon¬