62 Das Ministerium der öffentlichen Arbeiten hat auch die Oberaufsicht über die Wegepolizei. Diese umfaßt: a) die Sorge für die ordnungsmäßige Herstellung und Erhaltung der Wege durch die Pflichtigen; b) den Schutz der Wege und des Verkehrs auf diesen. Von der Wegepolizei verschieden ist die Chausseepolizei, die unter anderem für Lastfuhrwerk bei Benutzung der Chausseen eine mit dem Ge¬ wicht der Ladung zunehmende Breite der Radfelgen vorschreibt. Die Chausseepolizei wird durch besondere Chausseeaufseher ausgeübt. Die Straßenpolizei trägt den besonderen Verhältnissen in be¬ wohnten größeren Ortschaften Rechnung. IX. Die Sorge für die öffentliche Gesundheit. 8 40. Maßnahmen des Reichs auf dem Gebiete des Gesundheits¬ wesens. Eine Abteilung des Reichsamts des Innern ist, wie wir gesehen haben, das Reichsgesundheitsamt. Es untersteht dem Reichskanzler in der Vorbereitung der Gesetzgebung und in der Ausübung des Aufsichtsrechts auf dem Gebiet der öffentlichen Gesundheitspflege. Ferner bearbeitet es die Medizinal- und Veterinärstatistik Deutschlands. Eine Reihe von wichtigen Gesundheitsgesetzen ist durch das Reich gegeben. In den einzelnen Bundesstaaten sind zu diesen Reichsgesetzen noch viel¬ fach ergänzende Aussührungsbestimmnngen erlassen, abgesehen von anderen notwendigen Gesetzen, die noch nicht durch das ganze Reich einheitlich geregelt sind. Von besonderer Wichtigkeit ist das Reichsgesetz betr. die Be¬ kämpfung gemeingefährlicher Krankheiten: Aussatz «Leorasi Cholera, Fleck¬ sieber, Gelbsieber, Pest und Menschenpocken. Jeder eintretende Seuchenfall muß unverzüglich zur Kenntnis der Polizeibehörde gebracht werden (Anzeige- pflicht), welche sofort die nötigen Schutzmaßregelu (Absperrungs- und Auf¬ sichtsmaßregeln) trifft. Als wertvollstes Schutzmittel gegen Menscheupocken wird — 1796 von dem englischen Wundarzt Ed. Jenner (4749—1823) zuerst angewandt — die Schutzimpfung mit Kuhpockenlymphe vorgenommen. Im Deutschen Reiche besteht seit dem 1. April 1875 der Impfzwang. Jedes Kind soll in dem auf sein Geburtsjahr folgenden Kalenderjahr und später noch einmal in dem Kalenderjahr, in welchem es 12jährig wird, geimpft werden. Eine Zwangsimpfung findet ferner statt für jeden Mann nach seinem