85 ß. Erdkunde. Deutschland. 540000 qkm. 52 Mill. Einw. I. Allgemeines. a. Die deutschen Aleere. 1. Die Nordsee ist durchschnittlich etwa 80 m tief. Ihr Wasser hat eine moosgrüne Farbe und einen bittersalzigen Geschmack. Gewöhnlich liegt sie still da. Weht aber ein starker Nordwest, dann durchbricht der „blanke Hans" zuweilen die 6—10 m hohen Deiche, die überall an der flachen Küste angelegt sind. Ehe¬ mals reichte die Küste viel weiter ins Meer hinaus, und Dünen schützten das Land gegen das Meer. Gewaltige Sturmfluten aber durchbrachen die Dünenwand und verschlangen große Länderstrecken, die wir zur Zeit der Ebbe nur noch als sogenannte „Watten" erblicken. Die Überreste jener Dünen sind die friesischen Inseln, die in langer Linie die Küste umsäumen. Auch der Jadebusen, der Dollart und die Zuidersee sseuder — @üb] sind vor etwa 6 Jahrhunderten durch Sturm¬ fluten gebildet worden. 2. Ebbe und Flut. Alle Tage zweimal steigt und fällt das Wasser der Nordsee (sowie das fast aller Meere). Das Steigen nennt man Flut, das Sinkeu Ebbe. Dieses Steigen und Sinken wird durch die Anziehungskraft des Mondes hervorgerufen. Der Mond (M) wirkt auf die Erde bei A und zieht hier das Wasser an; daher hier Flut. Zu¬ gleich wirkt er aber auch auf den Mittelpunkt (in) der Erde. Dadurch wird die Anziehungskraft des Mittelpunktes vermindert. Daher entfernt sich das Wasser aus der entgegengesetzten Seite (bei B) von der Erde, und so entsteht auch hier eine Flut. Da der Mond jeden Tag etwa 49 Minuten später an derselben Stelle auf¬ geht wie am Tage zuvor, so treten auch die „Gezeiten" jeden Tag um 49 Minuten später ein. Steht die Sonne mit Erde und Mond in einer Linie (beim Voll- und Neumond), so steigt die Flut am höchsten; wir nennen sie dann „Springflut". Kommt zur Flut ein Sturm hinzu, so heißt sie Sturmflut. Eine solche durchbricht zuweilen die Deiche und begräbt ganze Landstriche für immer in den Wellen. An den holsteinischen Küsten steigt das Wasser zur Flutzeit gewöhnlich 1—3 m (an den Ostküsten Nordamerikas dagegen stellenweise bis zu 20 m) hoch. Alle Gräben, Kanäle und Flußarme füllen sich dann bis an den Rand der Deiche, und die großen Seefahrer ziehen mit gebauschten Segeln in die zur Ebbezeit unerreichbaren Häfen ein. Tritt aber die Ebbe ein, dann wachsen überall Inseln aus dem Wasser hervor. Die Schiffe sinken immer tiefer mit dem Wasser herab, und die Deiche steigen riesen¬ haft empor. Auf dem entblößten Meeresgrunde aber kommen Muscheln, Krebse u. a. Seetiere zum Vorschein, und Strandläufer, Möwen u. a. Vögel haben dann reich besetzte Tafel. 3. Die Ostsee oder das baltische Meer hängt mit der Nordsee durch den Sund, den großen und den kleinen Belt zusammen. Ihre bedeutendsten Buchten sind der bottnische, finnische und rigaische Meerbusen. Ebbe und Flut sind kaum wahr¬ nehmbar. Da die Ostsee sehr viele Flüsse aufnimmt, so ist der Salzgehalt ihres Wassers geringer als der der Nordsee. Auch hat sie kälteres Wasser als die Nordsee; fl^nn der Golfstrom (S. 165) vermag nicht mehr in die Ostsee einzudringen