24 Deutschland angefertigt aufdrucken ließen, aber sie erreichten hiermit gerade das Gegenteil. Die fremden Waren wurden nun erst recht gekauft, weil man merkte, daß sie gut waren. Seitdem entstand in dem britischen Handelsvolk eine immer schärfere Stimmung gegen uns. Sehr bezeichnend hierfür und ein sichtbares Anzeichen für die ersten Wutausbrüche des Hasses ist ein Aufsatz in der englischen Zeitschrift „Saturday Review" im September 1897. „England . . . und Deutsch¬ land . . . wetteifern miteinander auf der ganzen Erde. Wo nur die Flagge der Bibel folgte und der Handel der Flagge, da steht der deutsche Geschäftsreisende im Kampf mit dem englischen Kaufmann. Gibt es irgendwo ein Bergwerk auszubauen oder eine Eisenbahn zu bauen, so kämpfen Deutsche und Engländer um den ersten Platz. Eine Million kleiner Nadelstiche erzeugt den größten Kriegsfall, den die Welt je gesehen hat. Wenn Deutschland morgen ausgelöscht wäre,gäbe es übermorgen keinen Engländer in der Welt, der nicht um so viel reicher wäre. Völker haben jahrelang um eine Stadt oder ein Erbrecht gekämpft; müssen sie nicht um einen jährlichen Handel von 300 Millionen Pfund Krieg führen_ Dieser Krieg ist gefahrlos, denn „England ist die einzige Großmacht, die Deutschland ohne Gefahr bekämpfen könnte_" Dieser lästerliche Artikel schließt mit den Worten: „Deutschland muß also vernichtet werden". Das amtliche England blieb freilich damals noch solchen gemeinen Angriffen fern, aber ein Teil der englischen Geschäftswelt war doch von solchen Gedanken erfüllt. And es blieb nicht bei Worten, sondern die englische Presse hetzte, wie schon erwähnt, seitdem die ganze Welt gegen uns auf. Als Englands Handel wieder zunahm, trat die Handelseifersucht mehr in den Hintergrund, zumal wir Englands bester Kunde waren und umgekehrt; aber sie verschwand nicht mehr, so daß der belgische Gesandte Baron Greindl wohl mit seiner Äußerung von 1905 recht hat: „Die wahre Ursache des Haffes der Engländer gegen Deutschland ist die Eifersucht, hervorgerufen durch die außergewöhnlich rasche Entwickelung der deutschen Handelsflotte, des deutschen Handels und der deutschen Industrie". Da unser Handel den Engländern schutz¬ los preisgegeben war, wie „Butter an der Sonne" lag, schuf unser Kaiser Derttschland auch eine Kriegsflotte. 4. Der deutsche Flottenbau 1898. Während der ersten Negierungsjahre unseres Kaisers stand Eng¬ land dem Ausbau der deutschen Flotte wohlwollend gegenüber, da es sie als gefahrlos ansah. Man hielt sie für eine Spielerei, eine Laune des Kaisers. Zuerst wurde auch nur gänzlich Unzulängliches erreicht.*) Die Mehrheit des deutschen Volkes, noch ausgesprochener aber die des Reichstags, brachte der Notwendigkeit einer starken Flotte nur ein recht mangelhaftes Verständnis entgegen, und die amtliche Vertretung war nicht geschickt genug, um der Schwierigkeiten Herr zu werden. Bismarck, der wohl am schärfsten die veränderte und geschwächte Stellung Cng- ') Siehe Anm. 4 S. 70.