34 Die Reichstagsabgeordneten sind Vertreter des ge¬ samten Volks, daher an Aufträge und Instruktionen nicht ge¬ bunden. Imperative Mandate würden der Verfassung widersprechen. Kein Mitglied des Reichstags darf zu irgend einer Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Berufes getanen Äußerungen gerichtlich oder als Beamter disziplinarisch verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden (Immunität). Während der Sitzungsperiode können sie, wenn sie nicht bei der Ausübung der Tat oder im Laufe des folgenden Tages ergriffen werden, nur mit Genehmigung des Reichs¬ tages wegen strafbarer Handlungen oder zum Zwecke des Sicherheits¬ arrestes verhaftet werden. Jedes anhängige Strafverfahren und jede schwebende Untersuchungs- oder Zivilhaft (S. 159 ff.) wird auf Ver¬ langen des Reichstags für die Dauer der Sitzungsperiode aufgehoben. Ohne anderweite Genehmigung des Reichstags müssen die Abgeord¬ neten als Zeugen oder Sachverständige in Berlin vernommen werden. Reichs- und Staatsbeamte verlieren als Abgeordnete Sitz und Stimme, wenn sie in ein mit Rang- oder Gehaltserhöhung verbundenes Amt eintreten. Diese Bestimmung soll Begünstigungen verhindern. Die Reichstagsmitglieder erhalten eine Entschädigung nach dem Gesetze vom 21. Mai 1906. Diese beträgt, neben freier Eisenbahn¬ fahrt für die Zeit der Sitzung einschließlich von 8 Tagen vorher und nachher, jährlich 3000 Mark. Hiervon werden für jeden Tag, an welchem der Abgeordnete der Plenarsitzung fernbleibt, 20 Mark abge¬ zogen. Die sogenannten Doppelmandatare (Mitglieder mehrerer politi¬ scher Körperschaften) erhalten für die Tage der Anwesenheit im Reichs¬ tage keine Vergütung aus der Mitgliedschaft einer anderen gleichzeitig versammelten Körperschaft, der sie angehören (§ 6 d. G.). VI. Die Reichsbehörden.*) 1. Allgemeine Übersicht. Staatliche"5 Behörden. Reichsbehörden. Landesbehörden. Keine durchge¬ bildete Behördenorganisation im Reich. Unmittelbare und mittelbare Reichs¬ zentralbehörden. Reichskanzler. Behörden der aktiven Reichsverwaltung. Behörden der Reichsverwaltungsgerichtsbarkeit. Selbständige Reichsfinanz¬ behörden. Reichsjustizbehörden. Unter staatlichen Behörden im allgemeinen versteht man diejenigen Einrichtungen, in denen die Staatsgewalt und der Staats¬ wille äußerlich in die Erscheinung tritt. Reichsbehörden sind sonach auf dieser Grundlage diejenigen Amtsstellen, welche die *) Bearbeitungen der Reichsverfassung von Römer. Berlin 1904; Reineke. Berlin 1906.