3. Rieche und Schule. Staat, Kirche und Schule sind die drei Ecksteine jedes großen zivi¬ lisierten Gemeinschaftslebens. Zwischen diesen drei gewaltigen Kultur- faktoren bestehen Reibungsflächen, die ihren Grund in der geschicht¬ lichen Vergangenheit haben. Trotz mancher Gegensätzlichkeit, ganz be¬ sonders in der Rechtsauffassung und der unabhängigen autoritativen Stellung der einzelnen Kulturinstitutionen, befinden wir uns in einem fortschreitenden Prozeß des gegenseitigen Ausgleichs, der jeden Faktor, Staat, Kirche und Schule, zu seinem naturgemäßen Rechte kommen läßt. Unter der Kirche im weiteren Sinne versteht man die Gemein¬ schaft der Bekenner des Christentums. 2m engeren Sinne zählen alle Bekenner dazu, die auf dem Boden derselben Auffassung der christ¬ lichen Offenbarung stehen. Die kirchliche Organisation kann die ganze Erde umspannen, wie in der römisch-katholischen Kirche, oder sie gliedert sich in mehrere selbständige Organisationen, ein Fall, der in den verschie¬ denen evangelischen (Landes-) Kirchen Deutschlands vor¬ liegt. Alle Rechtsnormen der Kirche, die deren innere und äußere An¬ gelegenheiten regeln, heißen in ihrer Gesamtheit das Kirchenrecht. Das Mittelalter kannte ein besonderes und unabhängiges Recht der katholischen Kirche. Nicht zu verwechseln ist Kirchenrccht mit kanoni¬ schem Recht. 2« den cánones legten im Mittelalter die gesetzgeben¬ den Organe der Kirche alle zivil-, straf-, prvzeß- und völkerrechtlichen Bestimmungen nieder. Das kanonische Recht verlor durch die Sou¬ veränität des modernen Staates vollständig seinen Boden. Nach der heutigen staatsrechtlichen Auffassung ist das Kirchcnrecht, weil der moderne Staat die Souveränität über die Kirchen und Religions¬ gemeinschaften ausübt, ein Staatskirchenrecht und gehört als solches zum allgemeinen Staatsrecht. Das Deutsche Reich überläßt im allgemeinen die Regelung der kirchlichen Angelegenheiten den Gliedstaaten. Doch hat cs durch em besonderes Gesetz festgelegt, daß das religiöse Bekenntnis der Staats¬