8^ Hermann Schumacher kommt in einer zunehmenden Vorliebe für konzentrierte und leicht ver¬ dauliche Nahrung zum Ausdruck. Damit steht unzweifelhaft das Anwachsen der Fleischnahrung, wie auch der sich ausbreitende Übergang vom Roggen¬ brot zum Weizenbrot in Zusammenhang. Aber andere Gründe besitzen noch weiterreichenden Einfluß. Zunächst die Verstadtlichung unserer Be¬ völkerung. Die 26 Millionen, die den Zuwachs unsers Volkes seit ^87 t bilden, sind fast nur Städter, zum beträchtlichen Teil Großstädter, von jeher haben sich in der Stadt aridere Eßgewohnheiten entwickelt als auf dem Lande. Denn auf dem Lande beruhen sie auf der schwer beweglichen Eigen¬ produktion, in der Stadt dagegen auf leichtem Einkauf, der alle Neuerungen von Verkehr und Handel bunt spiegelt. Solange wir noch ein Lebensmittel ausführendes Agrarland waren, waren die ländlichen Eßgewohnheiten vorherrschend; seitdem wir zum Industrie- und Pandelsvolk, das Nahrungs¬ stoffe einführt, geworden find, haben die anspruchsvollen städtischen E߬ gewohnheiten das Übergewicht gewonnen. Diese Umwälzung ist unterstützt worden durch das gleichzeitige Schwinden der Standesgrenzen, wie Nachahmungstrieb und sozialer Ehr¬ geiz die schönen alten Unterschiede in der Kleidung verwischt haben, so haben sie eine Vereinheitlichung auch in der Ernährung, sogar vielfach in den geistigen Bedürfnissen herbeigeführt. Luxusgewohnheiten der Ernährung, wie sie in den am günstigsten gestellten oberen Schichten sich herausgebildet haben, sind immer mehr in die breite Masse der Bevölkerung gedrungen. Der große hastige Prozeß der „Demokratisierung des Luxus", der äußerlich unser Zeitalter zum Guten und Bösen abhebt von jedem früheren, hat auch vor der Ernährung nicht haltgemacht; und hier hat er, so vielfachen Segen er sonst auch stiften mag, den Nachteil gehabt, daß an die Stelle der alten rationellen Eßgewohnheiten, die die kluge Erfahrung vieler Genera- tionen langsam aufgerichtet hat, ein Neuerungssinn getreten ist, der vielfach weder mit den natürlichen Bedürfnissen des Magens, noch mit den wirt¬ schaftlichen Anforderungen des Geldbeutels genügend rechnet. Im gewal¬ tigen Aufschwung unserer Schaffenskraft haben wir wohl die Produktion irr fast allen ihren Zweigen bewundernswert rationalisiert, aber gleichzeitig hat sich unsere Konsumtion unrationeller gestaltet. Der Instinkt, der den Naturmenschen sicher leitet, versagt mehr und mehr bei unserer Kultur; die alte Gewohnheit, die ererbt ist von Vätern und Vorvätern, hat ihre ehrwürdige Zwangskraft verloren; und wissenschaftliche Untersuchung und Bildung sind noch nicht so weit, vollen Ersatz schaffen zu können. In der Rastlosigkeit fleißigen Schaffens hatten wir nicht die Zeit, in gleichem Maße, wie an unsere Produktion, auch an unsere Konsumtion zu denken. Jetzt gebietet der Krieg uns als Produzenten ein herrisches palt und zwingt uns als Konsumenten, uns sorgsam auf uns selbst zu besinnen. Das bringt Schwierigkeiten und Unbequemlichkeiten in Fülle mit sich. Doch auch das kann unserm Volke zürn peil werden. Denn wie ein Volk durch Rationali¬ sierung seiner Produktion einen Vorteil vor andern sich erringen kann, so kann es das auch durch Rationalisierung seiner Konsumtion. wer Güter- erzengung und Güterverbrauch am rationellsten gestaltet, muß die Palme