24 Mens ch. 40. Gott und der Mensch. Ich bin ein Mensch, deß freu' ich mich, Bin besser als das Thier; Vernunft und Freiheit habe ich, Du, guter Gott, von dir. Und endet dieses Lebens Zeit, Dann gibst du mir Unsterblichkeit. 41. Die Versuchung. Ernst, ein armer, junger Mensch, blieb einst in einer Mühle über Nacht. Eine Bank in der untern Stube diente ihm zum Lager. Um Mitternacht wachte er ans und hörte neben sich an der Wand etwas picken. Er schaute auf und erblickte beim Mondenscheine eine silberne Sackuhr. Es kam ihm eine große Lust an die Uhr zu nehmen, und damit durch das Fenster zu entfliehen. Das Gewissen sagte ihm wohl: Du bist nicht allein! Gott ist bei dir. Solltest du wider ihn sündigen? Allein die Begierde nach der schönen Uhr wurde immer größer. . Er fürch¬ tete der Begierde zu erliegen, wenn er länger bliebe. Da faßte er mit einem Male einen edlen Entschluß. Er stieg zum Fenster hinaus und eilte fort. Als er einige hundert Schritte fortge¬ gangen war, kam ihm Reue an, daß er die Uhr nicht mitgenom¬ men, und er wollte schon wieder umkehren. Allein sein Gewissen mahnte ihn auf's Neue an den heiligen und gerechten Gott, und er gab ihm Gehör, und wandelte seinen Weg in der Nacht fort. Jetzt ging der Mond unter, Wolken bedeckten den Himmel und es wurde sehr finster. Ernst verirrte sich und gerieth in Sümpfe. Endlich erreichte er eine Anhöhe. H^r legte er sich ermüdet nieder und schlief ein. Mit Anbruch des Tages wurde er von einem widerlichen Geschrei geweckt, und als er die Augen auf¬ schlug, hatte er einen großen Schrecken. Er lag unter dem Galgen und sah über sich einen Dieb hängen, um den sich eine Schaar schreiender Raben versammelt hatte. Da war es ihm nicht anders, als sagte eine Stimme in seinem Innern: Sieh', so wäre es dir am Ende auch gegangen, wenn du das Stehlen