253 Johann Ladislav von Pyrker. (17 72—1847.) 9. Himmel und Erd' hat's durchdrungen, Nacht hat die Sonne umschlungen, Felsen sind bebend zersprungen. Als ich verschieden für dich! Weh! und wer weiß u. s. w. 10. Was wär' zu thun noch geblieben? Da ein unendliches Lieben Mich zum Erbarmen getrieben, Opfert' ich ganz mich für dich! Weh! und wer weiß u. s. w. 11. Ließ, dich als Bruder zu lehren, Mich von Maria gebären, Gab dann, dich göttlich zu nähren, Selbst mich als Speise für dich. Weh! und wer weiß u. s. w. 12. Lösgeld für all' deine Schulden, Wollt' ich den Kreuztod erdulden, Will auch im Himmel in Hulden Ewiger Lohn sein für dich! _ Weh! und wer weiß u. s. w. 13. Wie ich am Kreuze im Leiden Deiner gedacht bis zum Scheiden, So auch nun herrschend in Freuden i Denk' ich ja immer an dich! Weh! und wer weiß u. s. w. 37. Johann Ladislav Pyrker von Felsö-Eör, geboren den 2. November 1712 zu Langh in Ungarn, studiert zu Stuhlweißenburg und stunfkirchen, „lernt in Ofen Deutsch und Italiänisch, reist 1792 nach Neapel, wird gleich daraus Cistercienser zu Lilienfeld in Nieder-Ostreich, 1796 Priester, 1807 Pfarrer zu Tirnitz, 1811 Prior und 1812 Abt jenes StisteS, dann 1818 Bischof von gips in Ungarn, 1820 Patriarch von Venedig, Primas von Dalmatien und wirklicher geheimer Rat, 1827 Erzbischof von Erlau in Ungarn, stirbt zu Wien am 2. Dezember 1847. Werke: Heldengedichte (Tuntsias, 1819. Rudolf von Habsburg, 1826). Geschichtliche Schauspiele, 1810 (Zrlny, Karl der Kleine, die Corvinen). Perlen der heiligen Vorzeit (biblische Idyllen), 1821. Tunisias. Erster Gesang, Vers 1—187. Tön', o Heldengesang, die Waffenthaten des Kaiser Carol, die er vollbracht' auf dem wogenden Meer und dem Festland, Als er vom schmählichen Joch tunisischer Räuber die Christen Löste mit Siegers Hand, Europa's zagenden Völkern 5 Frieden errang, und dem Meer erkämpfte die heilige Freiheit. Haben Unsterbliche jetzt, in der Stunde der Weihe, vor allen Mir das Auge berührt? Ich seh' urplötzlich der Geister Schauderumnachtetes Reich erhellt, und im freudigen Eilflug Zahllos schreiten einher die Heldensöhne der Vorwelt, 10 Die in dem Schlachtengefild', entzweiet, die Völker empören; Sehe den Kaiser zuerst im Sturm des Donnergeschützes Werfen des Feindes Schiffheersmacht in den brausenden Abgrund; Dann ihn, laut umjauchzt von Tausenden, landen vor Tunis, Schimmern die Fahne des Siegs von GolettaZ) vom blutigen Schlachtfeld 15 Fliehen den Feind, und dort in den Staub die entfesselten Sklaven Knieen und netzen des Retters Hand mit glühenden Thränen, Der, o Wonne, sie heim in das Vaterland, und entgegen Segnenden Lieben führt aus Schmach und Qual und Verzweiflung! O wie bebt mir die Brust! Herauf aus den Tiefen des Herzens 20 Strömt der Gesang, und kündet der Thaten erhab'ne Vollendung! Hoch auf dem Erker der Burg, im Duft der Akazienblüten, Sanft umschimmert vom Abendgold, saß jetzo der Kaiser Sinnend allein. Er dachte des Eile gebietenden Heerzugs, Drüben vor Tunis der Schlacht, und des wechselnden Schlachtengeschickes 25 Ernst umhülleten Blicks. Gestalten der mächtigen Vorzeit Schwebten ihm dräuend vorbei; er sah die verödeten Felder 1) Stadt am Eingang in die Lagune, in deren Hintergründe Tunis liegt.