197 Durchstreichen muthige Rosse den Wald mil flatternden Mahnen; Der Boden zittert und tönt, es strotzen die Zweige der Adern, Ihr Schweif empört sich verwildert, sie schnanben Wollust und Hche, Und brechen, vom Ufer sich stürzend, die Fluth der Ströme zur Kühlung; Dann fliehen sie über das Thal auf hohe Felsen und schauen Fern über den niedrigen Hain aufs Feld, durch segelnde Dünste, Und wiehern aus Wolken herab. Jetzt eilen Stiere vorüber; Aus ihren Nasen raucht Brunst, sie spalten mit Hörnern das Erdreich Und toben im Nebel von Staub. Verschiedene taumeln in Höhlen, Und brüllen dumpfig heraus; verschiedene stürzen von Klippen. — Aus hohler Klippe gedrängt, fällt dort mit wildem Getümmel Ein Fluß ins buschige Thal, reißt mit sich Stücke von Felsen, Durchrauscht entblößete Wurzeln der untergrabenen Bäume, Die über fließende Hügel von Schaum sich bücken und wanken; Die grünen Grotten des Waldes ertönen und klagen darüber, Es stutzt ob solchem Getöse das Wild und eilet von dannen; Sich nahende Vögel verlassen, im Singen gehindert, die Gegend Und suchen ruhige Stellen, wo sie den Gatten Gefühle Verliebter Schmerzen entdecken in pyramid'nem Gesträuche, Und streiten gegen einander mit Liedern von Zweigen der Buchen. Dort will ich lauschen, und sie sich freu'n und liebkosen hören! Fließ' sanft, unruhiges Flüßchen! still ächzende Zephyr' im Laube, Schwächt nicht ihr schmeichlerisch' Flüstern; schlagt laut, Bewohner der Wipfel, Schlagt, lehrt mich euren Gesang. — Sie schlagen: symphonische Töne Durchflieh'n von Eichen und Dorn des weiten Schattensaals Kammern; Die ganze Gegend wird Schall. Der Fink, der röthliche Hänfling Pfeift hell aus Wipfeln der Buchen. Die bunten Stieglitze hüpfen So fröhlich auf Strauch und Gebüsch, beschauen die blühende Distel; Ihr Lied hüpft fröhlich wie sie. Der Zeisig klaget der Schönen Sein Leiden aus Zellen von Laub. Vom Ulmbaum flötet die Amsel In hohen Tönen den Baß. — Nur die geflügelte Stimme, Die kleine Nachtigall, weicht aus Ruhmsucht in einsame Gründe, Durch dicke Wipfel umwölbt, der Wehmuth ewige Wohnung, Worin auS Feld und aus Luft der Nacht verbreitete Schatten Sich scheinen verdichtet zu haben, als sie Auroren entwichen, Und macht die traurige Wüste zum Luftgcfilde des Waldes. Ein finsterer Teich tränkt dort rings um sich Weitengebüsche; Auf Aesten wiegt sie sich da, lockt laut und schmettert und wirbelt, Daß Grund und Einöde klingt. — So rasen Chöre von Saiten! — Jetzt girrt sie sanfter und läuft durch tausend zärtliche Töne; — Jetzt schlägt sie wieder mit Macht. Oft, wenn die Gattin durch Vorwitz Sich im belaubten Gebauer des grausamen Voglers gefangen, Der fern im Lindenbusch lau'rt, daun ruhen die Lieder der Freude, Dann fliegt sie ängstlich umher, ruft ihrer Wonne des Lebens, Durch Klüfte, Felsen und Wald, seufzt unaufhörlich und jannnert, Bis sie vor Wehmuth zuletzt halbtodt in die Hecken hinabfällt! Da klaget um sie der Schatten der todten Gatlin, da dünkt ihr, Sie wund und blutig zu seh'n; bald tönt ihr Jammerlied wieder, Sie setzt es Nächte lang fort, und scheint bei jeglichen: Seufzer