311 — Jene ging zu der Pfort' und öffnete. Näher und näher Kam das Gekling' und das Klatschen der Peitsch' und der Pferde Getrampel; Und nun schwebte der Schlitten herein durch die Pforte des Hofes, Hielt an der Thür', und es schnoben, beschneit und dampfend, die Pferde. Mütterchen eilte hinzu: Willkommen! rief sie: Willkommen! Küßt' und umarmte den lieben Sohn, der zuerst aus dem Schlitten Sprang, und half der Tochter aus ihrem zottigen Fußsack, Löst' ihr die sammtne Kaputz und küßte sie; Thränen der Freude Rannen von ihrem Gesicht auf die schönen Wangen der Tochter. Aber wo bleibt mein Vater? Er ist doch gesund am Geburtstag? Fragte der Sohn; da tuschte mit winkenden Händen die Mutter: Still, er schläft! Nun laßt die beschneieten Mäntel euch abziehn; Und dann weck' ihn mit Küssen, du liebe trauteste Tochter! Armes Kind, das Gesicht ist dir ganz roth von dem Ostwind! Aber die Stub' ist warm, und gleich soll der Kaffee bereit sein! Also sprach sie und hängt' an gedrechselte Pflöcke die Mäntel, Offnete leise die Klink' und ließ die Kinder hineingehn. Aber die junge Frau mit schönem lächelndem Antlitz Hüpfte hinzu und küßte des Greises Wange; erschrocken Sah er emvor und hieng in seiner Kinder Umarmung. Christian August Tiedge. 17502 1841.) Alcides. (Aus der Urania.) Mit dem Hochgefühl des Sehnens, „Siehe,“ sprach sie, „was die Erde Das zu Götterthaten weiht, Süßes hat, ich weih' es dir, Flieht der hehre Sohn Alkmenens Sohn des Himmels; aber werde In den Schoß der Einsamkeit. Mein Getreuer, folge mir!“ — Tief im Herzen warme Schläge, Fühlt er, was er soll und will, Und an einem Scheidewege Steht er sinnend plötlich still. Zauber sprühn aus ihren Blicken, Und ein weicher Schlummerduft Trägt ein taumelndes Entzücken Um sie her im Hauch der Luft. Halb dem Zauber hingegeben, Hat der Jüngling kaum Gewalt, Seine Blicke zu erheben Zu der stillern Huldgestalt. Dunkler itzt und wieder heller Schwebt ihm fern die Zukunft vor; Ahnungsvoll und schnell und schneller Wallt ihm hoch das Herz empor. Wird ein Wunder sich entfalten? Ist ihm eine Gottheit nah? Zwei erscheinende Gestalten Stehn vor seinem Blicke da. Ruhig naht sie wie der Friede; Aber wie mit Schmach bedeckt, Fühlt sich zitternd der Alcide Von der Tugend angeschreckt. „Keine Freuden goldner Tage,“ Spricht sie, „kann ich dir verleihn. Rette, kämpfe, dulde, trage! Deiner würdig, bist du mein. Eine der Gestalten leuchtet Wie der frische Blumenring, Der, vom ersten Thau befeuchtet, Um die junge Tellus hieng.