Anhang. L. Abriß der Poetik. Darstellung des Schönen in sinnlich wahrnehmbarer Form ist Kunst. Mit dem Gesichtssinn erfassen wir die Werke der bildenden Künste, der Malerei und Bildhauerei, mit dem Gehör die der tönenden Künste, der Musik und Poesie. Poesie ist die Versinnlichung des Schönen durch die Sprache. Poetik nennt man die Lehre von dem Wesen und den Gesetzen der Poesie. Die Dichtungsarten. Wir unterscheiden drei Hauptarten der Poesie: Die epische, lyrische und dramatische. Die epische Poesie (Epos — Wort, Erzählung) erzählt vergangene Be- ygebenheiten, meist in ruhig breiter Darstellung, und ist für den Vortrag bestimmt. Der Dichter tritt hinter dem Stoff zurück und läßt die Be- gebenheiten auf uns wirken, bei denen der Held nicht nur handelnd, son- dern auch leidend erscheint. Die lyrische Poesie (Lyra = Leier) soll mit Musikbegleitung gesungen werden. Der Dichter spricht unmittelbar zu uns und will in uns dieselben Gefühle wachrufen, die ihn selbst bewegen. Die Sprache der Lyrik ist in der Regel gedrängt, der Ausdruck innig oder schwungvoll. Die dramatische Poesie (Drama == Handlung) läßt Handlungen als gegenwärtig vor unseren Augen sich abspielen. Die vom Dichter als wollend und handelnd eingeführten Personen erregen unsere Teilnahme. Die Darstellung ist fest geschlossen. Diese drei Grundformen finden sich nicht immer scharf getrennt; sie berühren sich oft nahe und gehen auch wohl ineinander über. Die epische Dichtung. 1. Rein epische Dichtung, a. Dichtwerke größeren Umfanges: Epos, Roman. b. Dichtwerke kleineren Umfanges: poetische Erzählung, Märchen, Sage, Legende.