174 Sie, ben Cid, da vor sich sieht. Ihre schönen Angen netzen Thränen; an die Maner drücket Sich die Brnst; enthüllt ihr Antlitz, Und vorbreitend ihre Arme, Rnfet sie ihm furchtbar zn: 3. „Da du uns zu Feinden haben wolltest, Warum klopfest du an unsre Thore? Da dnrch dich wir hier im Jammer leben, Warnm kommst du. und was willst du weiter? Da, der Freundschaft Maske weggeworfen, Du dem Unrecht deinen Arm geliehen — Rückwärts, rückwärts. Don Rodrigo! Deine Ehre ist verloren! Rückwärts, rückwärts, stolzer Cid! 4. Seit er seinen Eid an mir gebrochen, Den er znschwnr einer Königstochter, Mich zn schirmen, mich, die einst ihn liebte Und noch jetzt sein Bild in diesen Manern Ehrt, in Manern, die er kommt zn stürmen; Seit, von einem neuen Glücke trunken, Er vergaß die schönen Jugendtage, Die an meines Vaters Hof er lebte — Rückwärts, rückwärts, Don Rodrigo! Deine Ehre ist verloren! Rückwärts, rückwärts, stolzer Cid! 4. Dem mein Vater Ritterwaffen reichte, Meine Mutter selbst den Zelter zuführt', Ich auschnallete die goldenen Sporen, Knieend ans dem Marmor, er bemerkte Damals nicht, was jedes Mädchen merket; Er vergißet, was er war, und denkt nur, Was er ist. Auch ich. so manches dacht' ich, Was der Himmel mir um meiner Fehler Willen nicht vergönnte! Meine Eltern Hoben ihn, er stürzte mich hernieder. Weil ich denn um seinetwillen weine — Rückwärts, rückwärts, Don Rodrigo! Deine Ehre ist verloren! Rückwärts, rückwärts, stolzer Cid! 6. Ich, ein Weib, dazu noch jung und zärtlich, Kann ihm zwar kein Leid vom Himmel wünschen; Hat er mich mit seinem Stolz beleidigt, Hat er innig mir das Herz verwundet, Kommen von ihm alle meine Leiden: So komm' auf ihn meine Güt' und Gnade, Ich verzeih' ihm! Er darf mich beleid'gcn Ohne Strafe; denn des jungen Ritters, Seiner, in der prächt'gen Kirche zu Coimbra, Werd' ich stets gedenken. Aber dennoch — Rückwärts, rückwärts, Don Rodrigo! Deine Ehre ist verloren! Rückwärts, rückwärts, stolzer Cid! 7. Daß er nicht den Bruch des Eids verhindert, Den Don Sancho meinem Vater znschwnr; Daß er seinem Raube nicht gewehret, Der dem Don Garzia, Don Alfonso Ihre Reiche nahm; der eine schmachtet Im Gefängnisse, der andre mußte Zu Ungläub'gen fliehen, zu deu Heiden; Daß Don Sancho meiner armen Schwester Die im Kloster jetzt von Milde lebet, Toro, ihr rechtmäßig Erbteil, raubte. Und der Cid auch dieses ihm nicht wehrte; Daß mein Bruder nicht und auch der Cid nicht Tief erröten, mich hier zu bekämpfen, Mich, die Schwester, mich, ein schwaches Weib nur, Die zu Waffen nichts sonst hat als Thränen, Deshalb — Rückwärts, rückwärrs, Don Rodrigo! Deine Ehre ist verloren! Rückwärts, rückwärts, stolzer Cid! 8. Also sprach, gepreßt den Busen An die Mauer, Donna Uraka, So antwortet sie dem Cid. Er, betroffen von der Antwort, Hält verworren; dann ans einmal Lenkt er um sein Roß Babiega. „Rückwärts! ' höret man ihn murmeln, „Rückwärts!" zwischen seinen Lippen, Reitend nach dem Lager stumm. Und so kommt er von Zamora, Wohl von manchem Pfeil verwundet, Der, auch ohne Spitz' und Eisen, Tief im Herzen bohrend glüht. Sancho glauht sich vom Cid verraten und verbannt ihn. Nicht lange nachher kommen zwei Ritter aus Zamora gegen das Lager des Königs herangesprengt, über¬ häufen diesen mit Schmähungen und fordern zum Zweikampf ans. Nachdem sie zwei Kastilianergrafen in den Staub gestreckt, bitten die Edlen den König, daß er den Cid zurückrufe. Dieser kommt, mahnt aber den König dringend ab, Zamora noch weiter zu bedrohen. Der König verachtet des Helden Mahnung, fällt aber bald nachher durch Bellido Dolfos aus Zamora durch Verrat. Cid beschließt den Verrat zu rächen; da er aber selbst geschworen hat, nie gegen Zamora zu streiten, so weist er auf Don Diego von Ordanna hin, der denn auch sogleich unter großer Schmähung der Zamoraner die Herausforderung zum Kampfe ergehen läßt. 1. Ans die Forderung des edlen Tief betroffen und verwirrt, Don Diego Ordonnä Lara, Rief in größter Eil zusammen Mehr von ihres Bruders Tode Donna Uraka ihren Rat. Als von Vorwurf auf Zamora 2. Niederträcht'ge nur verschonet