346 IV. 35. Erdmann: Sie von Ihrem untern Saal ein Vorzimmer abteilen, ein sehr hübsches Hinterzimmer bekommen, als wolle er, sageich, Ihnen darauf antworten: I, das sei wohl gar nicht möglich! Daß eine Außenwelt erst da ist, wenn ihr eine Innenwelt gegenübertritt, sollte eher für eine Trivialität, als für eine Paradoxie gehalten werden, und dennoch ist das letztere geschehen. Der Grund ist leicht einzusehen: man verwechselte die Welt, zu der das Individuum gehört, (den Saal) mit der Außenwelt, die dem Ich gegenübersteht, wenn es sich von der Welt (wie Ihr Vorderzimmer vom Saal) absondert. Ich habe den Akt dieser Trennung einen furchtbaren genannt, weil an die Stelle des unschuldig geselligen „Wir alle" jetzt das vereinsamende „Ich und alles Übrige vor mir" getreten ist, und weil mit dieser ersten Vereinsamung der Keiln einer ganz andern gegeben ist, deren Wahlspruch ist: „Ich und nach mir altes Übrige." Ohne Ichheit keine Ichsucht. Lassen wir den Ernst und die Furchtbarkeit dieses Aktes bei Seite, und bleiben wir bei der Betrachtung der Veränderung stehen, die mit dem Menschen vorgegangen ist dadurch, daß er zu sich selbst „Ich" sagt. Soweit und solange der Mensch nur Individuum, ist er in der Welt nicht als ein Fremdling, sondern als organisches Glied mit ihr verbunden. Darum participiert er unmittelbar an ihrer Beschaffenheit, der Zustand der Erde ist auch seiner, er ist irdisch, er ist europäisch, er ist englisch, weil die Erde, weil Europa, weil England ihn hält, in ihm lebt. Jetzt, indem er sich über die Individualität erhebt, wird, was bisher individuelle Beschaffenheit war, zu einem Objekt. Ihm steht das Irdische als Objekt gegenüber, er ist es nicht mehr, sondern hat es zu seinem Gegenstände. Die europäische Natur- ist nicht mehr seine, sondern er bezieht sich aus dieselbe als ans ein Fremdes, das er anstaunt, betrachtet u. s. w. Eben darum möchte ich für diese Ver¬ änderung eiil anderes Bild wählen, als das eben von Ihrem Saal herge¬ nommene. Denken Sie sich den Puppenzustand einer Raupe in dem Aló¬ mente, wo sie zum Schmetterling wird. Eben war das Gehäuse noch ihr Leib, es verletzen hieß sie tobten; in dem Augenblick, wo sie sich davon los¬ gemacht hat, ist es eine tote Hülse, die den Schmetterling nichts mehr angeht, die er neugierig betrachtet als etwas, was er zum erstennial sieht. Sehen Sie da die Lage des Ich, wie es eben geboren oder vielmehr eben von sich selber geschaffen wurde. Was das Individuum war, das steht ihm jetzt gegenüber; indem es von seinen eigenen Zustünden sich unterschied, sind aus den Zuständen Gegenstände geworden. In dem es bisher lebte, von dem weiß es jetzt, und die Präpositionen „in" und „von" geben sehr gut den Unter¬ schied an zwischen der früheren Einheit und der gegenwärtigen Trennung. Bisher wie ein Tropfen verschwimmend in dem Ocean alles Seins, jetzt