2 9. „Nein, lieber Siegfried! wohl fürcht' ich deinen Fall. Mir träumte heut von Leide, wie über dir zu Thal Fielen zwei Berge, daß ich dich nie mehr sah; Und willst du von mir scheiden, das geht mir inniglich nah." 10. Er umfing mit Armen das tugendreiche Weib, Mit holden Küssen herzt' er ihren schönen Leib. Dann nahm er Urlaub und schied in kurzer Stund; Sie ersah ihn leider darnach nicht wieder gesund. 11. Da ritten sie von dannen in einen tiefen Tann. Der Kurzweile willen; manch' kühner Rittersmann Ritt mit dem König; hinaus gesendet ward Auch viel der edeln Speise, die sie brauchten zu der Fahrt. 12. Manch Saumroß zog beladen vor ihnen Überrhein, Das den Jagdgesellen das Brot trug und den Wein, Das Fleisch mit den Fischen und Vorrath aller Art, Wie sie ein reicher König wohl haben mag auf der Fahrt. 13. Da ließ man Herbergen bei dem Walde grün Vor des Wildes Wechsel die stolzen Jäger kühn, Wo sie da jagen wollten auf breitem Angergrunv. Gekommen war auch Siegfried; das ward dem Könige kund. 14. Von den Jagdgesellen ward umhergestellt Die Wart an allen Enden. Da sprach'der kühne Held, Siegfried der starke: „Wer soll uns in den Tann Nach dem Wilde weisen? ihr Degen kühn und wohlgethan?" 15. „Wir müssen uns wohl scheiden," sprach Hagen alsbald, „Ehe wir beginnen zu jagen hier im Wald: So mögen wir erkennen, ich und der Herre mein, Wer die besten Jäger bei dieser Waldreise sei'n. 16. „Die Leute und die Hunde, wir theilen uns darein; Wohin ihn lüstet, fahre dann Jeglicher allein, Und wer das Beste jagte, dem sage man den Dank." Da weilten die Jäger bei einander nicht mehr lang. 17. Da sprach der Herre Siegfried: „Der Hunde hab' ich Rath, Ich will nur einen Bracken, der so genossen hat, Daß er die Fährte spüre der Thiere durch den Tann; Wir kommen wohl zum Jagen!" sprach der Kriemhilde Mann. 18. Da nahm ein alter Jäger einen Spürhund hinter sich Und brachte den Herren eh' lange Zeit verstrich, Wo sie viel Wildes fanden; was des vertrieben ward, Das erjagten die Gesellen, wie heut noch guter Jäger Art. 19. Was da der Bracke austrieb, das schlug mit seiner Hand Siegfried der kühne, der Held aus Niederland. Sein Roß lief so geschwinde, daß ihm nicht viel entrann; Das Lob er bei dem Jagen vor ihnen Allen gewann.