— 147 — kannten Oceans weht der Geist des Ewigschaffenden und freut sich jedes Staubes, der ihn vernimmt und lebt. — Ach, damals, wie oft habe ich mich mit Fittigen eines Kranichs, der über mich hinflog, zu dem Ufer des ungemessenen Meeres gesehnt, aus dem schäumenden Becher des Unendlichen jene schwellende Lebenswonne zu trinken, und nur einen Augenblick, in der eingeschränkten Kraft meines Busens, einen Tropfen der Seligkeit des Wesens zu füh¬ len, das Alles in sich und durch sich hervorbringt. 59- Adler und Taube. (Um 1776.) Ein Adlerjüngling hob die Flügel Nach Raub aus; Ihn traf des Jägers Pfeil und schnitt Der rechten Schwinge Sennkraft ab. 5. Er stürzt' hinab in einen Myrtenhain, Fraß seinen Schmerz drei Tage lang, Und zuckt' an Qual Drei lange, lange Nächte lang; Zuletzt heilt' ihn 10. Allgegenwärt'ger Balsam Allheilender Natur. Er schleicht aus dem Gebüsch hervor Und reckt die Flügel — ach! Die Schwingkraft weggeschnitten — 15. Hebt sich mühsam kaum Am Boden weg Unwürd'gem Raubbedürfniß nach, Und ruht tieftrauernd Auf dem niedern Fels am Bach; 20. Er blickt zur Eich' hinauf, Hinauf zum Himmel, Und eine Thräne füllt sein hohes Auge. Da kömmt muthwillig durch die Myrteuaste Dahergerauscht ein Taubenpaar, 25. Läßt sich herab und wandelt nickend Ueber goldnen Sand am Bach, Und ruckt einander an; Ihr röthlich Auge buhlt umher, Erblickt den Jnnigtraurenden. 30. Der Tauber schwingt neugiergesellig sich Zum nahen Busch und blickt Mit Selbstgefälligkeit ihn freundlich an. 10*