267 am Ufer, ihrer Beute gewiß, die schachbrettförmige Boaschlange. Schnell entrollt und vorgestreckt, ergreift sie in der Fuhrt den jungen Stier oder das schwächere Wildpret, und zwängt den Raub, in Geiser gehüllt, mühsam durch den schwellenden Hals.. In dieser großen und wilden Natur leben mannigfaltige Geschlechter der Menschen. Durch wunderbare Verschiedenheit der Sprachen gesondert, sind einige nomadisch, dem Ackerbau fremd, Ameisen, Gummi und Erde genießend, ein Auswurf der Menschheit (wie die Otomaken und Jaruren); andere angesiedelt, von selbsterzielten Früchten genährt, verständig und sanfterer Sitten (wie die Maquiritarer und Maeos). Große Räume zwi¬ schen dem Cassiquiare und dem Atabapo sind nur vom Tapir und von geselligen Assen, nicht von Menschen bewohnt. In Felsen gegrabene Bilder beweisen, daß auch diese Einöde einst der Sitz höherer Cultur war. Sie zeugen für die wechselnden Schicksale der Völker; wie es auch die ungleich entwickelten, bieg¬ samen Sprachen thun, welche zu den ältesten und unvergänglich¬ sten historischen Denkmälern der Menschheit gehören. Wenn aber in der Steppe Tiger und Krokodile mit Pferden und Rindern kämpfen, so sehen wir an ihrem waldigen User, in den Wildnissen der Guyana, ewig den Menschen gegen den Menschen gerüstet.- Mit unnatürlicher Begier trinken hier ein¬ zelne Völkerstämme das ausgesogene Blut ihrer Feinde; andere würgen, scheinbar waffenlos, und doch zum Bkorde vorbereitet, mit vergiftetem Daum-Nagel. Die schwächeren Horden, wenn sie das sandige User betreten, vertilgen sorgsam mit den Händen die Spur^ihrer schüchternen Tritte. To bereitet der Mensch aus der untersten Stufe thierischer Rohheit, so im Scheinglanze seiner höheren Bildung sich stets ein mühevolles Leben. So verfolgt den Wanderer über den weiten Erdkreis, über Meer und Land, wie den Geschichtsforscher durch alle Jahrhunderte, das einförmige, trostlose Bild des ent¬ zweiten Geschlechts. Darum versenkt, wer im ungeschlichteten Zwist der Völker nach geistiger Ruhe strebt, gern den Blick in das stille Leben der Pflanzen und in der heiligen Naturkraft inneres Wirken; oder, hingegeben dem angestammten Triebe, der seit Jahrtausenden der Menschen Brust durchglüht, blickt er ahnungsvoll auswärts zu den hohen Gestirnen, welche in ungestörtem Einklang die alte, ewige Bahn vollenden. 101. Die Fülle des Lebens in der Natur. Wenn der Mensch mit regsamem Sinne die Natur durch¬ forscht oder in seiner Phantasie die weiten Räume der organi¬