303 König nach Rheims, die heilige Salbung alldort zu empfahen. Vollbracht war die Sendung, aber ihr Verhängniß nicht. Man beredete sie, die Hel¬ denbahn noch länger zu wandeln. Da ward sie bei Compiegne von den Burgundern gefangen, an die Engländer verkauft, und zu Rouen als Zau¬ berin und Ketzerin lebendig verbrannt. Franzosen waren ihre Ankläger, und französische Priester sprachen das Urtheil. Karl's des Kühnen Tod. (Aus Joh. v. Müller's, gest. 1809 als Staatssecretair in Cassel, Geschichte der schweizerischen Eidgenossenschaft.) (Karl der Kühne, Herzog von Burgund, belagerte Nancy, die Haupt¬ stadt des Herzogs Rene von Lothringen. Die Schweizer kamen herbei, Letz¬ terem beizustehen, 1477.) „Der Herzog von Burgund versammelte einen Kriegsrath. „Sie sind wieder da, die schlechten Kerle; die seelenlosen Fleischmassen sind hierher ge¬ wandelt. Was meint ihr?" — Außer Campobasso *) waren die meisten Hauptleute der Meinung, „daß die Verproviantirung der Stadt Nancy das einzige unvermeidliche Uebel wäre; der Herzog möchte nur ausweichen, was der Feind eifrigst wünschte, nämlich einer Schlacht, welche leicht mißglücken und verderblich werden dürfte; sie riethen ihm, nach Pont-a-Mousson an die Mosel zu ziehen; er sei noch nicht in dem Fall, verzweifelnd alles zu wagen; aus Luxemburg liege ein beträchtlicher Schatz; das Heer könne im Winter hergestellt werden; er, der großmächtige Karl, habe keinen Fußbreit Land, habe nichts verloren, das er durch seinen Geist und Muth nicht wieder ge¬ winnen könne." Da sprach der Herzog: „mein Vater und ich haben die Lothringer geschlagen, soll ich mich zurückziehen vor dem Jungen? Diese Nacht wird Nancy gestürmt; morgen schlagen wir uns." Sie gingen trau¬ rig hinweg; ihn übernahm wechselsweise Grimm und eine grauenvolle Ahnung. Das Krachen des Geschützes, die Anordnung der Schlacht übertäubte, zer¬ streute ihn." „Bestürmt wurde Nancy mit angestrengtester Kraft, beschossen aus dem letzten Vorrath von Steinen und Pulver. Renö hörte die Schüsse, bemerkte Nothzeichen. Also gegen die Mitternacht berief er die Hauptleute; sie ver¬ sprachen den Entsatz auf morgen. Beängstigt von der Furcht, jetzt noch möchte Nancy fallen, erwartete er unruhig den spät anbrechenden Tag. Da wurde an vielen Orten zugleich Messe gelesen. Als Frühstück sie gestärkt, brachen sie auf. Ueber dem Lande lag Nebel." „Dem Herzog von Burgund wurde sein vortreffliches rabenschwarzes Pferd früh vorgeführt. Als er aufsaß, siel von seinem Helm dessen Zier, ein goldner Löwe, ihm auf den Sattel. Mit verbissenem Unmuthe seufzte er: „das ist von Gott!" gab einem seiner Diener versiegelte Befehle, was zu *) Graf Campobasso war ein treuloser Italiener, der Karl'n Miethstruppen aus Neapel zugeführt hatte.