18
zwar sind diese so vertheilt, daß die eine in der Mitte, die andre
am Ende des Verses steht. Also:
— ^ V j — V V | _ j _ ^ | ^ ^ | _
Statt der Daktylen der ersten Hälfte können auch Spondeen,
allenfalls auch Trochäen stehen; aber in der zweiten Hälfte müssen
die Daktylen bleiben. Also:
Ja! das Ge- I Präg' ist gut; I doch das Me- j tall ist nichts I nütz.
Oder:
Was kein ! Richter er- I späht, I bringet der | Zufall ans j Licht.
Der Pentameter steht nie allein, sondern kann nur mit dem
Hexameter vereint gebraucht werden. Z. B.
Willst du dich selber erkennen, so sieh', wie die Andern es treiben;
Willst du die Andern verstehn, blick' in dein eigenes Herz!
(Schiller.)
Ein solches kleines Gedicht, das nur aus Einem Hexameter
und Einem Pentameter besteht, wird ein Distichon genannt,
wie das vorstehende.
In der Mitte des Pentameters muß immer ein Ruhepunkt
sein. Es ist also ein Fehler, wenn in der Mitte nicht einmal
ein Wort zu Ende ist; z. B.
Tilge mit Weine der miß- | launigen Sorge Tumult!
Der Dichter wählt ein solches Versmaaß, welches zum Tone
des Gedichts paßt. Ist z. B. der Ton ernst und feierlich, so ist
der Hexameter geeignet. Doch wird man gut thun, mehr die
gereimten Versarten zu pflegen; der Hexameter bleibt immer ein
ausländisches Gewächs, und seine häufige Anwendung auch von
Seiten unserer classischen Dichter des vorigen Jahrhunderts ist
ein entschiedener Mißgriff. Trochäen werden zu sanft klagenden
Gedichten, Jamben und Daktylen zu fröhlichen gewühlt. Es
wird als eine Schönheit betrachtet, wenn das Versmaaß die Be¬
deutung der Worte möglichst versinnlicht. Z. B. folgender Hexa¬
meter drückt das Hüpfen des Steines vom Berge schön aus:
Hurtig mit Donnergepolter entrollte der tückische Marmor.
(Voß, Odyssee.)