2 Erzählungen von der alten Zeit einer ergötzlichen Muße. Gesellig waren wohl die Griechen zu jeder Zeit, redselig, empfänglich, Freunde von Festen und Spielen, daher auch ihre Religion schon früh einen heitern Charakter gewann, und der Olymp sich wie ein heiteres Königshaus schmückte, wo sich Fest an Fest reihte, jedes mit Spiel, Tanz und Ge¬ sang geschmückt, und wo im Genuß der heitern Lust jegliche Sorge und die Regierung der Welt vergessen ward. So wird daher auch das Hans der Könige mit der Gegenwart gottbegeisterter Sänger ge¬ ziert, und ihre Hallen tönen wieder von der Geschichte ihrer Ahnen oder ihrer eignen, oder überhaupt von dem Ruhme der Göttersöhne, der von früheren Zeiten herübergekommen war. Solcher Sänger hat es lange vor Homeros gegeben, denn die Homerischen Gedichte erwähnen ihrer als bekannter Erscheinungen, ja als eines notwendigen Schmuckes festlicher Tage. In dem Hanse des Alkinoos, unter den horchenden Phäaken singt Demodokos, dem ein eigener Sessel an bestimmter Stelle steht (Odyss. VIII, 65. 473), die Abenteuer des Odysseus in der Gegenwart dieses Fürsten; und unter den Freiern in der Penelope Haus wird Phemios, welcher „viel Thaten der Götter und Männer wußte" (Odyss. I, 325) von den Freiern mit Gewalt hereingezogen, und er singt ihnen „die traurige Heimfahrt, Die den Achäern von Troja verhängete Pallas Athene". Und als Agmemnon vor Troja zog, vertraute er seine Gattin einem Sänger an; und so lange dieser bei ihr blieb, widerstand sie den Verführungen des Ägisthos, der ihn daher auf eine öde Insel brachte, um zu seinem Zwecke zu gelangen. Auch Achilleus schlägt die Leier und singt den Ruhm der Götter und Helden; und es war eine alte Sage, daß in Cheirons Ritterschule neben den Heldenkünsten auch die Musik und der heroische Gesang geübt wurden. Es ist also gar nicht zu zweifeln, daß es schon vor Homeros epische Sänger ge¬ geben, zumal er selbst so viele Heldensagen einsticht, die aus älterer Poesie entlehnt scheinen, und in ihnen die Kunst des Sängers als ein bestimmtes Gewerbe auftritt, das man auf Kosten der öffentlichen Gast¬ freiheit übt. Auch wurde diese Kunst ordentlich gelernt, und derjenige, der Eignes schuf, ausgezeichnet vor dem, der nur das Erfundene zu wiederholen verstand (Odyss. XXII, 347). Es ist aber ganz charakteristisch und echt hellenisch, daß auch die älteste Poesie nur allein der Muße und heiterer Freude gewidmet war. Nur zu erfreuen und die Gemüter der müßigen Hörer mit alten und großen Geschichten zu begeistern, tönt ihre Leier, nicht um zu irgend einem bürgerlichen Geschäft, selbst nicht um zum Krieg zu ermuntern: denn Achilleus selbst singt nur in der Muße, nicht um sein kriegs¬ lustiges Herz zu ermuntern, sondern um es in stille Ruhe zu wiegen und seinen Unmut zu stillen. So hat die Kunst von An¬ fang an ihren hohen Beruf Erkannt, die Seelen der Wirklichkeit zu