192 Naturschilderungen und Beschreibungen. an, wo bei den dort sich bietenden Eindrücken noch kleinere Abschweifungen von selbst sich ergeben werden. Der Abend ist bereits hereingebrochen. Wir wandern einem entlegenen Teile der Kruppschen Fabrik zu und lassen deren seuerstrahlende Kamine und weithin leuchtende elektrische Lampen hinter uns, da taucht, — erst in dämmerigen Umrissen, dann immer deutlicher, vor uns ein gewaltiges pyramiden- förnliges Gerüst aus dem Dunkel des Abends aus, der hohe Schachtturm einer Zeche, einer der ältesten von Essen, die ihre Stollelt allenthalben unter dem Boden, aus dem die Stadt steht, ausbreitet. Das vorhin erwähnte Gerüst erhebt sich über beru runden Schachteingange, dessen mittlerer viereckiger und ausgezimmerter Teil zum Ans- lind Ablaufen der Förderkörbe bestimmt ist, während die übrigbleibenden Kreisabschnitte als Luft- und Notschachte benützt werden. Aus der Höhe des Turmes laufen . über Rollen die mächtigen Drahtseile, an denen die Förderkörbe hangen, die nach der anderen Seite hin hoch und frei durch die Luft zum Maschinenhanse geleitet sind, wo sie von einem gewaltigen Rade mit Hülfe starker Dampf¬ maschinen wechselweise auf- und abgewickelt werden. Die an ihnen befestigten Förderkasteu werden dadurch naturgemäß hinauf- vder hinabgebracht und zwar in der Weise, daß einem zur Tiefe gehenden Behälter stets ein anderer aufwärts strebender das Gegengewicht hält. Einen derben Stock in der einen, die Grubenlampe in der anderen Hand, steigen wir die Stiegen des Gerüstes hinauf und stehen nun vor dem Ein¬ gänge zum Schachte, den man, wenn man von der größeren Unreinlichkeit und den derben Hebevorrichtungen absieht, am besten mit einem Hvtelanfznge vergleichen könnte. Aber während bei festerem die eleganten Fahrstühle langsam auf- lind niedersteigen, sausen hier die Förderkörbe, die in mehreren Etagen die hinein¬ geschobenen Kohlenwagen tragen, mit unheimlicher Schnelligkeit in die grausige Tiefe. Eben saust der Förderwagen herauf, wir steigen ein, hinter uns schließt sich der Eingang, und wir stehen in dein engen Raume, der etwa acht stehenden Personen Platz bieten mag lttib an allen vier Seiten bis auf halbe Manneshöhe von Eisenwänden umgeben ist. Wieder ertönt die elektrische Glocke, für einen Moment hebt sich der Korb, und dann mit einem Male fühlen wir mit einer gewissen Beängstigung, wie der Boden unter unseren Füßen weicht ltitb wir hinabsausen in die Tiefe. Jetzt sind wir unten. Nur Sekunden dauerte die Niederfahrt, und trvtzdenl hinterläßt sie beim Neuling einen bleibenden Eindruck. Aber vor¬ läufig tritt er wieder zurück vor einer Fülle anderer Eindrücke, die nun bei unserer unterirdischen Wanderung auf uns einstürmt.