Auf dem Hinweg zu der jetzigen Wohnung meines Freundes hatte ich mir diese und ähnliche harmlose Erlebnisse aus jener fröhlichen Zeit wieder ins Gedächtnis gerufen, und eine Sehnsucht hatte mich befallen nach jenen Tagen, die nicht wiederkehren. Und wie würde ich meinen Freund wiederfinden? Ec sollte in der Eartenstratze wohnen; allein über die Hausnummer war ich nicht im klaren. Schon wollte ich in ein Haus gehen, das ich für das richtige hielt und mich erkundigen, als ich auf zwei nette, rein¬ liche Kinder von fünf und sechs Jahren aufmerksam wurde, die sich vor der benachbarten Haustür auf eine für sie scheinbar köstliche Art vergnügten. Es war ein trüber Sommertag gewesen, und nun fing es an, ganz sanft zu regnen. Da hatte nun der Knabe, als der ältere, den herrlichen Spatz entdeckt, das Gesicht gegen den Himmel zu richten und es sich in den offenen Mund regnen zu lassen. Mit jener Begeisterung, die Kinder solchen neuen Erfindungen entgegenbringen, hatte das Mädchen dies sofort nachgeahmt, und nun standen sie beide dort, von Zeit zu Zeit mit ihren fröhlichen Kinderstimmen in hellen Jubel ausbrechend über dieses ungekannte und kostenlose Vergnügen. Mich durchzuckte es wie ein Blitz: „Das sind Hühnchens Kinder!" Dies war ganz in seinem Geiste gehandelt. Ich fragte den Jungen: „Wie heitzt dein Vater?" „Unser Vater heitzt Hühnchen," war die Antwort. „Wo wohnt er?" „Er wohnt in diesem Hause, drei Treppen hoch." „Ich möchte ihn besuchen," sagte ich, indem ich dem Knaben den reinlichen Blondkopf streichelte. „Ja, er ist zu Hause," war die Antwort. Und nun liefen beide Kinder eilfertig mir voran und klasperten mit ihren kleinen Beinchen hastig die Treppe hinauf, um meine Ankunft zu vermelden. Ich folgte langsam, und als ich oben ankam, fand ich die Tür bereits geöffnet und Hühnchen meiner wartend. Es war dunkel auf dem Flur, und er erkannte mich nicht. „Bitte, treten Sie ein," sagte er, indem er eine zweite Tür aufstietz, „mit wem habe ich die Ehre?" Ich antwortete nicht, sondern trat in das Zimmer und sah ihn an. Es war noch ganz derselbe, nur der Bart war grötzer geworden und die Haare etwas von der Stirn zurückgewichen. In den Augen lag noch der alte, unverwüstliche Sonnenschein. Im helleren Lichte erkannte er mich sofort. Seine Freude war unbeschreiblich. Wir umarmten uns, dann schob er mich zurück und betrachtete mich.