120 Mutter. Ach so! und der hat dir das Vögleiu gegeben, daß du es besehen und dann wieder stiegen lassen sollst? Emmerich. Nein, Mutter, nicht sortsliegen lassen; ich will es be¬ halten. Ich habe einen Käsig auf dem Boden, in den will ich das Bögel¬ chen Hineinsetzen und ihm Brot und Semmel geben. Mutter. Wird's schwerlich fressen. Diese Vögelchen sangen sich Fliegen und Mücken und andere kleine Tiere. Und wenn du die ihm auch geben wolltest, es wird sie doch nicht fressen wollen; es wird traurig sein, weil es eingesperrt ist. Und dann denke einmal, lieber Emmerich, vielleicht hat das Vögelchen kleine Kinder im Neste; wie werden die auf die Mittler oder den Vater warten, nub nun kann es ihnen nichts bringen; da müssen sie verhungern. „Ach Mutter," sagte Emmerich, „das hatte ich nicht bedacht. Nein, die armen Kleinen sollen nicht verhungern. Da, flieg," sagte er, indem er das Fenster ausmachte, „und sitchc Futter für deine Kinderchen!" 190. Die Vögel ein. (Jacobi. — Etwas verändert - Willst du frei und fröhlich gehn ditrch dies Weltgetümmel, mußt du auf die Vögleiu sehn, wohnend unterm Himmel. Jedes hüpft und singt und fliegt ohne Gram und Sorgen, schläft, ans grünem Zweig gewiegt, sicher bis zum Morgen. Jedes nimmt ohn' arge List, was ihm Gott beschieden; mit der kleinsten Gabe ist jedes gern zufrieden. Keines sammelt kümmerlich Vorrat in die Scheunen; dennoch nährt und labt es sich mit den liebet! Kleinen. Keines bebt im Sonnenstrahl vor den fernen Stürmen; kommt ein Sturm, so wird's im Thal Baum und Fels beschirmen. Täglich bringt es seinen Dank Gott für jede Gabe, flattert einstens mit Gesang still und leicht zu Grabe. Willst du frei und fröhlich gehn durch dies Weltgetümmel, mußt du auf die Vögleiu sehn unter Gottes Himmel. Gott vergißt die Vögleiu nie, hat ihr Ziel gemessen. Du bist ja viel mehr als sie, sollt' er dein vergessen? 191. Der Distelfink. (Curtman.) Als der liebe Gott die Vögleiu machte, da gab er ihnen Beine zum Hüpfen und Flügel zum Fliegen und Schnäbel zum Fressen, aber auch