38. Der kleine friedensbote. von Karl Stöber. Erzählungen. 1. Band. 3. Auflage. Leipzig und Dresden 1861. 8. 192. in Gerber und ein Bäcker waren einmal Nachbarn, und die gelbe und die weiße Schürze vertrugen sich aufs beste. Wenn dem Gerber ein Kind geboren wurde, hob es der Bäcker aus der Taufe, und wenn der Bäcker in seinem großen Obstgarten an die Stelle eines ausge¬ dienten Invaliden einen Rekruten bedurfte, ging der Gerber in seine schöne Baumschule und hob den schönsten Mann aus, den er darin hatte, eine Pflaume oder einen Apfel oder eine Birne oder eine Kirsche, je nachdem er auf diesen oder jenen Posten, auf einen fetten oder mageren Platz gestellt werden sollte. — An Ostern, an Martini und am heiligen Abend kam die Bäckerin, welche keine Kinder hatte, immer, einen großen Korb unter dem Arme, zu den Nachbarsleuten hinüber und teilte unter die Paten aus, was ihr der Hase oder der gute Märtel oder gar das Christkindlein selbst unter die schneeweiße Serviette gelegt hatten. — Je mehr sich die Kindlein über die reichen Spenden freuten, desto näher rückten sich die Herzen der beiden Weiber, und man brauchte keine Zigeu¬ nerin zu sein, um aus dem Satz in ihren Kaffeeschalen zu prophezeien, daß sie einander immer gut bleiben würden. Aber ihre Männer hatten ein jeglicher einen Hund, der Gerber als Jagdliebhaber einen großen braunen Feldmann und der Bäcker einen kleinen schneeweißen Mordax. Beide meinten die besten und schönsten Tiere in ihrem Geschlechte zu haben. Und da geschah es denn eines Tages, daß Mordax ein Kalbsknöchlein gegen den Feldmann behauptete.