2. Dimni ein paar, und laß die andern in dem Grase, in dem Strauch! Hndre, die vorüber wandern, freun sich an den Blumen auch. 3. Dach dir kommt vielleicht ein müder ölandrer, der des Sieges zieht trüben Sinns — der freut sich wieder, wenn er auch ein Böslein sieht. 77. Die Rosen. Von Christoph von Schmid. Gesammelte Schriften. Originalausgabe letzter Hand. 16. Bündchen. 2. Auflage. Augsburg 1861. S. 8. Ein Landmann, der auf einem abgelegenen Bauernhöfe wohnte, brachte schon im Monat März einen Rosenstrauch aus der Stadt mit und pflanzte ihn in sein Gärtchen. Seine kleine Tochter hatte noch nie einen Rosenstrauch gesehen und sagte: „Aber was machst du da, lieber Vater? Wie magst du doch diese dürren, dornigen Stauden gerade in die Mitte unseres schönen Gartens setzen? Diese Dornen sind eine schlechte Zierde: sie entstellen den ganzen Garten.“ „Warte nur, mein liebes Kind, und habe Geduld!“ sprach der Vater. „Da wird dieser Dornstrauch so wunderschöne Blumen hervorbringen, dergleichen du in deinem Leben noch keine erblickt hast!“ Die Kleine wollte das nicht glauben und schüttelte bedenk¬ lich das lockige Köpfchen. Aber sieh da! Der dornige Strauch fing an auszuschlagen und bekam schönes, dunkelgrünes Laub; zarte Knöspchen erschienen, die immer größer wurden; und nachdem alle Aurikeln, Tulpen und Narzissen verblüht waren, öffneten sich endlich die Rosen¬ knospen, und der Strauch prangte in einer Menge von Rosen, über deren herrliche Purpurfarbe und lieblichen Wohlgeruch das Mädchen erstaunte. „O wie schön!“ rief das Kind mehrmals; „sie sind schöner als alle andern Blumen. Der Rosenstrauch ist die schönste Zierde unseres Gartens.“ „Siehst du nun, mein Kind,“ sprach der Vater, „wie aus den Dornen Rosen aufblühen? Du mußtest zwar den ganzen Frühling hindurch darauf warten und verlorst beinahe die Ge¬ duld. Aber nun erkennst du, wie wahr das Sprichwort ist: Zeit bringt Rosen.“