8 6 Jahre mit Bettlern und Gaunern sei herumgezogen, daß sie es zuletzt in St. Peter haben sitzen lassen, und daß es allein über St. Märgen gekommen sei und jetzt da sei. Als der Tagelöhner mit den Seimigen zu Nacht aß, setzte sich das fremde Kind auch an den Tisch. Als es Zeit war zu schlafen, setzte es sich auf die Ofenbank und schlief auch; so den andern Tag, so den dritten. Denn der Mann dachte: ich kann das arme Kind nicht wieder in sein Elend hinausjagen, so schwer es mir ankommt, eins mehr zu füttern. Aber am dritten Tag sagte er zu seiner Frau: „Frau, ich will’s doch auch dem Herrn Pfarrer anzeigen." Der Pfarrherr lobte die gute Denkungsart des armen Mannes, der Hausfreund auch; „aber das Mägdlein," sagte der Pfarrherr, „soll nicht das Brot mit Euern Kindern teilen, sonst werden die Stücklein zu klein. Ich will ihm einen Vater und eine Mutter suchen." Also ging der Pfarrherr zu einem wohlhabenden und gutdenkenden Mann in seinem Kirchspiele, der selber wenig Kinder hat, und der Hausfreund weiß just nicht, wie er’s dem Manne sagte. „Peter," sagt er, „wollt Ihr ein Geschenk annehmen?" — „Nachdem’s ist," sagte der Mann. — „Es kommt von unserm lieben Herrgott." — „Wenn’s von dem kommt, so ist’s kein Fehler." — Also bot ihm der Pfarrer das verlassene Mägdlein an und erzählte ihm die Geschichte dazu, so und so. Der Mann sagte: „ich will mit meiner Frau reden. Es wird nicht fehlen." Der Mann und die Frau nahmen das Kind mit Freuden auf. „Wenn’s gut tut," sagte der Mann, „so will ich’s erziehen, bis es sein Stücklein Brot selber verdienen kann. Wenn’s nicht gut tut, so will ich’s wenigstens behalten bis ins Frühjahr. Denn dem Winter darf man keine Kinder anvertrauen." Jetzt hat er’s schon viermal überwintert und viermal übersommert auch. Denn das Kind tat gut, ist folgsam und dankbar und fleißig in der Schule, und Speise und Trank ist nicht der größte Gotteslohn, den das fromme Ehepaar an ihm ausübt, sondern die christliche Zucht, die väterliche Erziehung und die mütterliche Pflege. Wer das fremde Töchterlein unter den andern in der Schule sieht, sollt’ es nicht erkennen, so gut sieht es aus, und so sauber ist es gekleidet. So etwas tut dem Hausfreund wohl, und er könnte den braven Taglöhner und die braven Pflegeeltern des Kindes mit Namen nennen, wer sie sind und wie sie heißen. Aber über seinen Mund kommt’s nicht.